VPI: Herr Minister, schreiben Sie Eisenbahngeschichte!

Portrait
Foto: Bild Malte Lawrenz; VPI

Mit einem plastischen Appell hat sich der Vorsitzende des Verbands der Güterwagenhalter in Deutschland (VPI) Malte Lawrenz an den Bundesverkehrsminister gewandt: Andreas Scheuer könne in die Bahngeschichte eingehen, wenn er sich in der Europäischen Union für die Digitale Automatische Kupplung (DAK) einsetzt.

Von Hermann Schmidtendorf, Chefredakteur bahn manager

Am 21. September kommen die Verkehrsminister der EU zur virtuellen Ministerkonferenz zusammen, um die Ausrichtung der europäischen Verkehrspolitik neu zu justieren. Im Fokus steht die Weiterentwicklung des Schienengüterverkehrs. „Von der Konferenz muss ein klares Bekenntnis zur Digitalen Automatischen Kupplung und damit zur Schiene 4.0 ausgehen“, fordert dazu der VPI-Vorsitzende Malte Lawrenz. „Wir brauchen jetzt eine Zusage der EU-Verkehrsminister, die Umrüstung der Flotten sowohl politisch als auch finanziell zu unterstützen.“ Die europaweite Einführung der neuen Kupplungstechnologie sei entscheidend, um im Schienengüterverkehr Automatisierung und Digitalisierung in großem Maßstab zu ermöglichen.

Deutschland täte gut daran, sich zum Motor der europaweiten Einführung der DAK zu machen, betont VPI-Vorsitzender Lawrenz und appelliert an Minister Andreas Scheuer: „Nutzen Sie das Momentum der deutschen Ratspräsidentschaft und verankern Sie die Digitale Automatische Kupplung fest auf der verkehrspolitischen Agenda der Europäischen Union. Sorgen Sie dafür, dass die DAK als Schlüsseltechnologie eines effizienten Schienengüterverkehrs bis 2030 in ganz Europa Realität wird.“ Jetzt bestünde die Chance, mit der geplanten gemeinsamen „Berliner Erklärung“ der Minister europäische Eisenbahngeschichte zu schreiben und in Sachen Kupplungstechnologie nicht nur weltweit aufzuschließen, sondern international Technologieführerschaft zu übernehmen.

Berlin und Paris könnten beim Ministertreffen eine starke politische Achse für die Anliegen des Schienengüterverkehrs bilden, hofft Lawrenz. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron rief jüngst den Ausbau des Bahnverkehrs sowie des Frachttransports auf der Schiene zu einer Priorität für die kommenden zwei Jahre seiner Amtszeit aus. Und Deutschlands Regierung erklärte den Ausbau der Bahn bereits bei Antritt 2018 ausdrücklich zum Ziel ihrer Verkehrspolitik.

Europaweit müssen etwa 450.00 Güterwagen und 17.000 Lokomotiven mit der DAK ausgerüstet werden. Dafür rollen Kosten in Höhe von sechs bis zehn Milliarden Euro auf den Sektor zu. Wagenhalter und Eisenbahnverkehrsunternehmen können diese Herkulesaufgabe allein nicht schultern. „Eine finanzielle Förderung der DAK-Migration muss Bestandteil eines europäischen New Green Deal sein. Eine starke Schiene ist Voraussetzung für klimafreundliche Mobilität“, unterstreicht Lawrenz.

Unterstützung erhalten die Güterwagenhalter von der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft EVG. Ihr stellvertretender Vorsitzender Martin Burkert erklärte gegenüber dem bahn manager in einem Interview, das in der kommenden Ausgabe 5/2020 erscheinen wird: „Vor Europa liegen große Aufgaben, der Green Deal ist benannt. Da muss die Schiene eine große Rolle spielen. Die Digitalisierung auch im Güterverkehr durch die automatische Mittelpufferkupplung am Güterwagen würde erheblich etwas bringen. Das geht aber nur, wenn es ganz Europa macht. Über 500.000 Güterwagen umzurüsten würde etwa 6,5 Milliarden Euro kosten. Das hilft der Schiene insgesamt.“

Gewerkschafter Burkert ist sich sicher, dass digitales Kuppeln auch den Einzelwagenverkehr schneller und produktiver und damit wettbewerbsfähiger machen wird. „Die Kolleg*innen, die heute im Rangierbetrieb arbeiten, müssen mitgenommen und qualifiziert werden. Wir müssen in der Digitalisierung vorankommen. Dann kann auch dem Güterverkehr dort stark geholfen werden. Dazu brauchen wir in ganz Europa Einigkeit, und am Ende bedarf es Geld.“ Ähnlich sehe das auch die Europäische Transportarbeiterföderation. Die deutsche Ratspräsidentschaft müsse genutzt werden, um das europäische Jahr der Schiene 2021 einzuläuten.

Martin Burkert: „Da wäre ein Anschub aus Deutschland gerade in der Digitalisierung des Güterverkehrs ein wichtiger Schritt. Wir haben den Bundesverkehrsminister aufgefordert, vor allem für die Schiene etwas zu tun, vor allem für den Schienengüterverkehr in Richtung Digitalisierung. Wir hoffen, dass da am Ende nicht nur Straßenprojekte auf der Agenda stehen.“ Unternehmer im VPI und Gewerkschafter der EVG in großer Einigkeit – eine ideale Basis für Verkehrsminister Scheuers Eintritt in die Bahngeschichte, sollte man meinen!

Artikel Redaktion Eurailpress
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