Interviews

Dr. Thomas Isenmann

TVS hat mehr Mittel zur Sicherung der Qualität

Dr. Thomas Isenmann, Geschäftsführer der Vergabestelle Trasse Schweiz AG, zur Überführung der Trassenvergabe von den Infrastrukturbetreibern auf eine Bundesbehörde

Herr Isenmann, welche Hoffnungen knüpft der Bundesrat an die neue Organisation?

Ziel bleibt die Sicherung eines leistungsfähigen Schienenverkehrs. Die vom Bundesrat vorgeschlagene Trassenvergabestelle soll als unabhängige Stelle des Bundes den unparteiischen Netzzugang und das Erstellen eines diskriminierungsfreien Fahrplans gewährleisten. OBI bezweckt eine Gesamtsystem-Optimierung unter Beachtung der Bedürfnisse der Eisenbahnverkehrsunternehmen, der Möglichkeiten und Zwänge der Infrastrukturbetreiber und der Anforderungen des Wettbewerbs. Angestrebt wird eine maximale Wirkung der vorhandenen Mittel durch Nutzung von Synergien. 

Wer wird die Aufgabe übernehmen?

Der Bundesrat beabsichtigt, dass die künftige öffentlich-rechtliche Anstalt, die er in der Kurzform TVS für Trassenvergabestelle nennt, das Personal der Trasse Schweiz AG übernimmt. Damit möchte er mit einem eingespielten Team die Kontinuität sichern. Trasse Schweiz ist hierzu bereit. 

Was wird sich in der Praxis ändern?

Vorab geht es um die Optimierung von gut eingespielten Prozessen, also einem Feintuning. Wie bisher liefern die Infrastrukturbetreiber die Fahrplanentwürfe. Die inhaltliche Fahrplanerstellung bleibt bei der SBB. Für die Begleitung der Arbeiten, die Prüfung und Genehmigung der Fahrplanentwürfe bleibt die TVS zuständig. Sie führt, wie heute Trasse Schweiz, bei Trassenbestellkonflikten das Koordinierungsverfahren. Die künftige TVS wird aber mehr Kompetenzen haben, um bei allfälligen Mängeln die Qualität und Diskriminierungsfreiheit einzufordern und sicherzustellen.

Welches sind die zusätzlichen Kompetenzen?

Neu wird sie als öffentlich-rechtliche Anstalt des Bundes von ihm mit strategischen Zielvorgaben gesteuert und erfüllt einen verbindlich geregelten gesetzlichen Auftrag. Sie wird für das gesamte Normalspurnetz zuständig. Zusätzlich führt sie das Infrastrukturregister und publiziert die Investitionspläne. Schließlich soll ihr Verwaltungsrat unabhängig sein. Diesen wünsche ich mir mit viel Fachkompetenz.

Sehen Sie auch Nachteile?

Neu soll die TVS auch das Inkasso der Trassenbenutzungsgebühren übernehmen. Hierin sehen wir aufgrund der zusätzlichen Schnittstellen gewisse Risiken ohne effektiven Mehrwert. Wir sind aber bereit, das Inkasso auszuüben, sofern dies aus Gründen der EU-Konformität gewünscht wird.

Mit welchen Kosten ist zu rechnen und wer bezahlt?

Die TVS finanziert sich über Gebühren der Infrastrukturbetreiber und Beiträge des Bundes, je nachdem woher die ihr übertragenen Aufgaben kommen. Diese decken den geplanten Aufwand. Die neue TVS ist ebenfalls eine nicht gewinnorientierte Organisation. Mit der Führung des Infrastrukturregisters und der Übernahme des Inkassos werden die Kosten der TVS leicht höher, wobei es sich primär um eine Verschiebung von den Infrastrukturbetreibern beziehungsweise des Bundes zur TVS handelt.

Was ändert sich für die Eisenbahnverkehrsunternehmen?

EVU-Vertreter wünschen von Trasse Schweiz eine noch aktivere Rolle in der Lösung von Bestellkonflikten für Trassen wie auch für die zunehmend knappen Abstellflächen für Züge. Auch wünschen sie, dass wir die Erstellung der Ersatzfahrpläne bei Baustellen mit Kapazitätseinschränkung noch enger begleiten. OBI stärkt uns in der Erfüllung dieser Anliegen.

Artikel von Interview aus Rail Business, Ausgabe 8/17
Artikel von Interview aus Rail Business, Ausgabe 8/17