Interviews

Uwe Fresenborg

Mobility goes Additive – Netzwerk für Innovation

Als Anwender hat Uwe Fresenborg, Geschäftsführer DB Fahrzeuginstandhaltung GmbH, ein großes Interesse daran, dass Ersatzteile schnell verfügbar sind. Ein Netzwerk soll deshalb jetzt den 3-D-Druck vorantreiben.


1. Sie haben ein Netzwerk mit dem Titel „Mobility goes Additive“ ins Leben gerufen. Warum?
Bei der DB beschäftigen wir uns seit gut einem Jahr intensiv mit additiven Verfahren, oft auch 3-D-Druck genannt. Wir treffen bei diesem Thema auf die unterschiedlichsten Fragestellungen: Wem gehören die Zeichnungs-Rechte? Gibt es eine Festigkeitswerte-Datenbank für die einsetzbaren Materialien? Welche neuen Möglichkeiten bieten additive Verfahren in der Konstruktion? Die Luftfahrt hat schon vor einigen Jahren das Netzwerk „Machining Innovation Network“ ins Leben gerufen, dessen Gründungsmitglied ich war. Wir haben damit sehr gute Erfahrungen gesammelt, die sich auch auf die Nutzung von additiven Verfahren übertragen lassen. Die Idee eines solchen Innovationsnetzwerkes ist, dass ein Unternehmen grundlegende Innovationen nicht alleine entwickelt – das wäre viel zu teuer – sondern die Fragen im Verbund mit Universitäten, Forschungsanstalten und Partnerunternehmen angeht. Dadurch ensteht eine Innovations-Kraft, die viel stärker ist als die, welche ein einzelnes Unternehmen entwickeln kann. Bei der DB haben wir augenblicklich kein Interesse daran, eine eigene 3-D-Drucker-Farm aufzubauen, das ist nicht unsere Kernkompetenz. 3-D-Druck ist eine noch junge Technologie, mit einer steilen Lernkurve. Das offene Netzwerk „Mobility goes Additive“ soll alle am Prozess Beteiligten einbinden.


2. Wer sind Ihre Partner?
Das Thema wird von den Anwendern vorangetrieben, konkret von der DB z. B. zusammen mit der SBB. Weitere Partner sind Zulieferer-Unternehmen. Sie wollen zum einen selbst additive Verfahren im Fahrzeugbau einsetzen, zum anderen sind sie Ersatzteillieferanten der Deutschen Bahn. Außerdem beteiligt sind Universitäten und Forschungseinrichtungen sowie Hersteller des Pulvermaterials, das beim 3-D-Druck eingesetzt wird, und 3-D-Druck-Dienstleister, die Druckmaschinen haben Auch eine Kanzlei ist vertreten, um die rechtlichen Fragen abzuklären.


3. Wofür wollen Sie additive Verfahren einsetzen?
Bei der Deutschen Bahn denken wir ganz konkret an das Thema Ersatzteile, aber auch an das Tooling, also die Werkzeugherstellung. Langfristig können wir uns sogar vorstellen, dass der 3-D-Druck die Logistik und damit Geschäftsmodelle in diesem Bereich grundlegend ändert, indem mehr Produkte vor Ort gedruckt und weniger transportiert werden.


4. Wie weit sind Sie aktuell mit dem 3-D-Druck bei der DB?
Augenblicklich haben wir Erfahrung mit dem Druck von 400 unterschiedlichen Teilen, von denen schon knapp 200 in Fahrzeugen eingesetzt werden. Einige befinden sich noch in der Testphase, andere können wir bei Bedarf schon im regulären Betrieb einsetzen. Ein ganz wichtiges Kriterium für den Einsatz sind die Ergebnisse der Dauerfestigkeits-Tests, die wir bei allen Bauteilen durchführen. Besonders im Fokus stehen dabei die Verfahren, bei denen Metall verarbeitet wird – dies sind die Verfahren, für die wir bei uns eine große Zukunft sehen. Hier untersuchen wir, ob 3-D-gefertigte Bauteile die gleiche Dauerfestigkeit erreichen wie ein gegossenes, geschmiedetes oder gefrästes Bauteil. Dabei prüfen wir nicht nur Fahrzeugkomponenten, sondern auch Teile, die in der Infrastruktur eingesetzt werden können. Denn auch hier kann 3-D-Druck perspektivisch eine große Rolle spielen.


5. 3-D-Druck ermöglicht ganz neue Konstruktionen, weil Restriktionen wegfallen, die bei anderen Verfahren zu berücksichtigen sind. Wird die DB selbstgedruckte 3-D-Bauteile entwickeln?
Im Augenblick drucken wir nur nach. Wir können uns jedoch vorstellen, bei Unfallfahrzeugen oder bei Redesign-Projekten auch eigene 3-D-Komponenten zu entwickeln. Wir werden aber keine neuen Ersatzteile entwickeln, sondern das Potential des 3-D-Drucks dafür nutzen, Ersatzteile schneller beschaffen zu können – oder überhaupt noch. Bei obsoleten Ersatzteilen ist der Nachdruck unkritisch, weil die IP-Rechte längst abgelaufen sind. Bei neueren Komponenten sind rechtlich noch viele Fragen offen. Sie zu klären ist eine Aufgabe des Netzwerkes.


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Artikel von Interview aus der ETR, Ausgabe 12/16
Artikel von Interview aus der ETR, Ausgabe 12/16