Interviews

Wolfgang R. Fally

„Auch ein nicht ausgegebener Euro kann teuer werden"

Dipl.-Ing. Wolfgang R. Fally sieht die Zukunft des Bahnbaus darin, Wirtschaftlichkeit, Soziales und Ökologie dauerhaft in Einklang zu bringen.

1. Immer mehr Organisationen fordern eine bessere Instandhaltung des deutschen Schienennetzes – was wäre aus Ihrer Sicht notwendig und machbar?
Die LuFV II geht bereits in die richtige Richtung. Sie setzt viele Mittel frei, die jetzt verbaut werden müssen.


2. Sie liefern international. Wie steht Deutschland im Vergleich mit anderen Ländern da, was die Instandhaltungsintensität betrifft?
Es ist hinlänglich bekannt, dass bei den Investitionen pro Schienen-Kilometer nicht Deutschland zu den führenden Nationen gehört, sondern die Schweiz und Österreich. Hier ist also deutlich Luft nach oben. Die Investitionen sind meiner Meinung nach aber nur bedingt aussagekräftig, es kommt auch auf die Qualitätskennziffern für den Zustand des Gleises an. Diese erlauben – über einen längeren Zeitraum beobachtet – Schlüsse, wie nachhaltig und effizient die Mittel eingesetzt werden. Auch ein nicht ausgegebener Euro kann teuer werden.


3. Gibt es Arbeitsweisen in anderen Ländern, die die Effizienz der Instandhaltung in Deutschland steigern könnten?
Ich bin überzeugt, dass Instandhaltungsverfahren, wie sie beispielsweise in Norwegen und Österreich bereits eingesetzt werden, für Deutschland relevant sind.
Die Kosten für Sperrzeiten steigen, Arbeiten am Gleis werden also bei Nacht und auch bei schlechten Witterungsverhältnissen durchgeführt. Das Sicherheitsrisiko für das Personal nimmt zu, gleichzeitig sinkt die Toleranz der Anrainer gegenüber Lärm- und Staub­emissionen.
Die Zukunft des Bahnbaus liegt darin, Wirtschaftlichkeit, Soziales und Ökologie dauerhaft in Einklang zu bringen. Immer mehr Streckenbetreiber setzen daher auf mobile Instandhaltungssysteme, die ergonomisches Arbeiten in geschütztem Umfeld ermöglichen.


4. Sie haben Mobile Instandhaltungssysteme (MIS) entwickelt – was ist die Philosophie und wie unterscheiden sich MIS von bisherigen Verfahren?
Ziel des MIS ist die Schaffung eines mobilen, autarken Arbeitsbereiches, der die Sicherheit und die Ergonomie einer festen Werkstätte bietet und gleichzeitig die Rentabilität der Arbeitseinsätze garantiert.
Für den Betreiber sind folgende Faktoren wichtig:

–  Das MIS transportiert die Bediener, alle Maschinen und das erforderliche Material einfach und sicher zur Baustelle. Zeitverlust und Ermüdung bereits vor Arbeitsbeginn gehören der Vergangenheit an.
–  Die Qualität der Instandhaltungsarbeiten steigt bei gleichzeitiger Entlastung der Mitarbeiter: Ein Hochleistungs-Kranmodul transportiert schweres Material und Maschinen innerhalb des Systems, Hydraulik- und Akkumotoren der eingesetzten Maschinen senken den Emissions- und Lärmpegel.
–  Die Arbeiten werden unabhängig von äußeren Einflüssen unter optimalen Bedingungen durchgeführt: Der Arbeitsbereich ist trocken und gut ausgeleuchtet. Die angrenzenden Gleise bleiben zu jeder Zeit befahrbar, teure Sicherungsposten und Warnsysteme entfallen. Die Folge ist eine substantielle Kostenreduktion und Steigerung der Rentabilität.


5. Die Instandsetzungsarbeiten dürfen immer weniger Zeit in Anspruch nehmen, um den Betrieb auf den immer stärker ausgelasteten Strecken nicht zu lange zu unterbrechen. Ist man hier am Ende des Möglichen angelangt? Wenn nicht – wo sehen Sie noch Potenzial, die Prozesse zu beschleunigen?
Das MIS ist unsere Antwort zur Prozessbeschleunigung. Durch den Einsatz von Hochleistungs-Systemen und modernen Arbeitsverfahren werden Rüst- und Stehzeiten reduziert, eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen erhöht die Effizienz.

<link file:17560 _blank download>Hier können Sie den Beitrag als pdf runterladen.

Artikel von Interview aus der ETR Ausgabe 1+2/2016
Artikel von Interview aus der ETR Ausgabe 1+2/2016