Aktionsprogramm der Allianz pro Schiene für mehr Schienengüterverkehr

Mit einem Vier-Punkte-Aktionsprogramm möchte das gemeinnützige Bündnis Allianz pro Schiene die Wende zum Schienengüterverkehr (SGV) befördern. Das Netzwerk Europäischer Eisenbahnen NEE summiert den Jetzt-Zustand schnippisch: Schwyz top, Deutschland flop!

In Deutschland werden immer mehr Güter über immer weitere Strecken transportiert, stellt die Allianz in ihrem neuen Programm fest. Allein in den vergangenen 20 Jahren wuchs dadurch die Verkehrsleistung um 40 Prozent, die Güterbahnen legten im selben Zeitraum sogar um mehr als 70 Prozentzu. Doch insgesamt befördert die Straße 71,2 Prozent der Güter, auf der Schiene sind es hingegen nur 19 Prozent. Zuwenig, befindet Armin Riedl, Sprecher des Netzwerks Kombinierter Verkehr bei der Allianz pro Schiene: „Nachbarländer wie die Schweiz oder Österreich zeigen, dass mit einer ambitionierten Politik deutlich mehr Verkehr auf die Schiene verlagert werden kann.“

Das Aktionsprogramm der Allianz pro Schiene steht unter den vier Überschriften:  Infrastruktur ausbauen, Wettbewerb fair gestalten, Innovationen fördern und verlässliche Rahmenbedingungen schaffen. Um die Wende zu mehr SGV auch in Deutschland zu verstetigen, soll der Bund den Anteil der elektrifizierten Strecken im Bundesschienennetz von derzeit 61 Prozent auf 70 Prozent in 2025 und 75 Prozent bis 2030 erhöhen. Zudem muss er das Netz bis 2025 für längere Güterzüge von 740 Metern ertüchtigen und bis 2030 sogar 1.500 Meter ermöglichen, fordert die Allianz pro Schiene. Denn mit der Digitalen Automatischen Kupplung (DAK) ist bis 2030 eine Technologie für 1.500 m lange Züge verfügbar. Und die flächendeckende Einführung der DAK gehört selbstverständlich ebenfalls in den Allianz-Forderungskatalog.

Weiterhin sollen durch eine Änderung des Planungsrechts neue aufkommensstarke Industrie- und Logistikstandorte nur noch mit Gleisanschluss zugelassen werden. Die Schienennutzungsgebühren sind ein weiteres Instrument zur Förderung des SGV, befindet die Allianz. Derzeit ist in Deutschland ein ermäßigter Kostensatz nur bis 2023 beschlossen. Hier solle Planungssicherheit geschaffen werden, was bedeute: „die Trassenpreisförderung nach 2023 mit einem erhöhten Fördersatz fortsetzen; die Anlagenpreisförderung ausweiten, auf jährlich 100 Millionen Euro erhöhen und nichtbundeigene Infrastrukturen einbeziehen.“

Generell solle die Förderung für Schienenwege nichtbundeseigener Eisenbahnen (SGFFG) marktgerecht ausgestaltet und durch Verdoppelung der Finanzmittel die Mittel verbessert werden. Um Unternehmen bei einem Umstieg auf die Schiene die Anpassung ihrer Logistik zu erleichtern, solle der Bund eine Umsteiger- und Nutzerprämie für den Kombinierten Verkehr mit der Schiene gewähren. Wichtig sei auch eine Abstellung von Diskriminierungen gegenüber der Straße: „Während Diesel steuerlich subventioniert wird, erhebt Deutschland europaweit einen der höchsten Steuersätze für Bahnstrom. Gleichzeitig werden die Bahnen als einziger Verkehrsträger mit der EEG-Umlage belastet und sind zu 100 Prozent kostenpflichtig in den Emissionshandel einbezogen. Der Bund sollte die Bahnen von der Stromsteuer und der EEG-Umlage für elektrisch betriebene Züge befreien.“

Rückendeckung in der Schweiz holte sich derweil das Netzwerk Europäischer Eisenbahnen e.V. NEE. Die Vereinigung nicht-bundeseigener Güterbahnen hielt im deutschen Bahnhof der Schweizer Grenzmetropole Basel einen „Abend unter Freunden“ ab - exakt 25 Jahre nach der Unterzeichnung des „Vertrags von Lugano“ am 6. September 1996. Deutschland und die Schweiz verpflichteten sich darin, die Infrastruktur für einen leistungsfähigen Eisenbahnverkehr zwischen beiden Ländern zu schaffen. Heute seit die Bilanz „beschämend“, befindet das NEE: „Während die Schweiz pünktlich Tunnel und Strecken fertiggestellt hat, kommen in Deutschland weder der Ausbau der Rheintalbahn noch Bypässe schnell genug voran.“

In Basel erinnerte der frühere Schweizer Verkehrsminister und Bundespräsident Adolf Ogi daran, dass die Schweiz mit der EU und den Nachbarstaaten einen Kompromiss für den Nord-Süd-Transitverkehr vereinbart und vertraglich gesichert hatte. Der sah insbesondere den Bau zwei besonders großer Eisenbahntunnel und zahlreicher weiterer Schienenstrecken als Zufahrten zur „Neuen Eisenbahn-Alpentransversale (NEAT)“ vor. Baden-Württembergs Verkehrsminister Winfried Hermann beklagte den inakzeptabel langsamen Ausbau. Dieser hätte gerade wegen des Güterverkehrs schneller realisiert werden müssen. Der Bund habe in der Vergangenheit zu wenig investiert und falsche Prioritäten gesetzt - schon aus Klimaschutzgesichtspunkten müsste das Vorhaben beschleunigt werden.

25 Jahre nach Vertragsunterzeichnung fehlen auf der Rheintalbahn auf 96 von rund 180 Kilometern weiterhin zwei Gleise – und die anderen werden immer wieder für Bauarbeiten gesperrt. Deshalb warnte NEE-Vorstandsvorsitzender Ludolf Kerkeling: „Der oder die neue Verkehrsminister*in riskiert einen Verkehrskollaps in der Region.“ Kerkeling forderte, die 1996 zugesagte Viergleisigkeit um sechs bis sieben Jahre gegenüber der aktuellen DB-Planung vorzuziehen und 2035 fertig zu sein. „Die Güterbahnen wollen als Beitrag zu Verkehrswende und Klimaschutzprogramm bis dahin grob gesagt doppelt so viel transportieren wie heute. Dies und den gewünschten Halbstundentakt im Personenfernverkehr bekommen wir auf der jetzigen Infrastruktur einfach nicht unter.“ (red./as/ne/hfs)

Artikel Redaktion Eurailpress
Artikel Redaktion Eurailpress