Daniela Gerd tom Markotten ist neue DB-Digital- und Technikvorständin

DB-Vorständin Daniela Gerd tom Markotten; Quelle: DB

Es war eine schwere Geburt. Erst war sich das Manager Magazin sicher: „Der Aufsichtsrat wird voraussichtlich in seiner Sitzung am 24. März ChristaKoenen(48) als Nachfolgerin benennen.“ Als Nachfolgerin für die vorzeitig vom Amt zurückgetretene Vorständin der Deutschen Bahn AG Prof. Dr. Sabina Jeschke. Dann wollte das Handelsblatt wissen: Nachfolgerin soll Donya Amer werden. Benannt wurde jetzt - Daniela Gerd tom Markotten.

Das teilte der DB-Aufsichtsrat nach seiner Sitzung vom 15. Juni 2021 offiziell mit. Die Bestellung gilt nach DB-Informationen für drei Jahre, Amtsantritt ist am 15. September. Die 46-jährige Wirtschaftsingenieurin Gerd tom Markotten promovierte zum Thema IT-Sicherheit, bekleidete bei der Daimler AG verschiedene digitale Führungsfunktionen und wechselte 2017 als CEO zur Mobilitätsplattform Moovel, die inzwischen unter dem Namen Reachnow an die Deutsche Bahn verkauft wurde. Mitte 2020 gründete sie das auf Videokonferenzen spezialisierte Start-up Iuhhoo.

Professor Sabina Jeschke hatte eigentlich einen bis 2025 gültigen Vertrag als Digital- und Technik-Vorständin der DB. Doch Anfang 2021 kündigte sie an, das Amt vorzeitig zu verlassen, da „sie sich künftig stärker in die Startup-Szene – vor allem auf internationaler Ebene – und in Hightech-Entwicklungen einbringen wolle“, so eine DB-Mitteilung – und sie gehe natürlich „auf eigenen Wunsch und im besten freundschaftlichen Einvernehmen".

Wo derart ostentativ Einvernehmen beschworen wird, liegt die Vermutung nicht fern, es habe zuvor im Gebälk gekracht. Die Frankfurter Allgemeine Zeitung unterstrich, „ausgerechnet um das größte Projekt, die Digitalisierung der Schiene, durfte sich Jeschke nicht selbst kümmern. Statt der Expertin für künstliche Intelligenz nahm sich der Jurist und Sozialpädagoge Ronald Pofalla, aktuell DB-Netzvorstand, dieser prestigeträchtigen Aufgabe an.“ Auch andere Medien vermuteten ein gestörtes Verhältnis von DB-Chef Richard Lutz und DB-Netzvorstand Pofalla zu Frauen in Führungspositionen.

Im Oktober 2020 wollte die Bundesregierung das Gleichstellungsgesetz auf große Firmen im Staatsbesitz ausdehnen. Diese müssten dann eine Frauenquote von 50 Prozent in Führungspositionen erfüllen und genügend Gleichstellungsbeauftragte bestallen. Doch Lutz, Pofalla und DB-Personalchef Martin Seiler schrieben, so damals der Spiegel, in einem Brief an Finanzminister Olaf Scholz und Familienministerin Franziska Giffey (beide SPD) sowie an Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU), das Vorhaben sei "mit erheblichen negativen Auswirkungen verbunden".

Laut Spiegel befürchtete das DB-Leitungstrio durch die vorgeschriebene Förderung von Frauen "eine Verschärfung des ohnehin gravierenden Fachkräftemangels in technisch-operativen Berufen bei der DB". Das Ziel, in den nächsten Jahren rund 100.000 neue Mitarbeiter einzustellen, werde "unter diesen Rahmenbedingungen erheblich erschwert… Vor diesem Hintergrund entstehen der DB AG Nachteile im Vergleich zu unseren Wettbewerbern." Wie das, mögen Beobachter*innen gestaunt haben – es geht doch um Vorstandspositionen, nicht um 50 Prozent Mechatronikerinnen? Und wo, bitte, gibt es denn einen der DB AG gleichen Wettbewerber, der dann Vorteile hätte? Und überhaupt - was ist das für eine verquere Logik, Frauen an der Spitze als Nachteil hinzustellen?

Unvergessen ist auch der pöbelnde Tonfall des jetzigen DB-Managers Pofalla aus seiner Zeit als Politiker. Die Rheinische Post berichtete 2016: „Pofalla, der zwei Plätze von Linnemann entfernt saß, fragte, ob dieser in der Nacht noch Nachhilfe benötige. Bosbach sprang dem jüngeren Kollegen zur Seite und kritisierte Pofallas drohenden Tonfall, dies sei nicht die "feine englische Art". Kurz darauf war die Sitzung der CDU-Parlamentarier beendet. Pofalla und Bosbach trafen beim Herausgehen aufeinander. Pofalla raunzte Bosbach an: "Ich kann deine Fresse nicht mehr sehen." War Pofalla womöglich seine DB-Kollegin Jeschke in ähnlich „bestens einvernehmlichem“ Tonfall angegangen? 

Es ist zu hoffen, dass Frau Gerd tom Markotten unbeschwert und unbefangen ihren Posten antreten kann. Nützlich könnte eine Synchronisierung mit der zweiten Frau im DB-Vorstand sein, mit der Cargo-Chefin Dr. Sigrid Nikutta. Ende 2020 hatte sich diese im Stern vehement für die Frauenquote in Konzern-Vorständen ausgesprochen – auch bei der DB: „Natürlich ist solch eine Umstellung eine Herausforderung. Aber ich kenne auch viele gute Frauen, die frustriert aus Unternehmen rausgehen, weil sie keine adäquaten Karrieremöglichkeiten haben. Das müssen wir endlich verhindern.“ Und auch für eventuelle männliche Insinuationen verriet Frau Dr. Nikutta ein probates Mittel: „Ich bin zwar studierte Psychologin, pflege im Berufsleben aber eher das Image einer Dampfwalze.“    (red./hfs)

Artikel Redaktion Eurailpress
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