DB verzeichnet Aufwärtstrend – Mitbewerber sind unzufrieden

Quelle: DB

Bei der Vorstellung der Halbjahresbilanz 2021 am 29. Juli 2021 verzeichnete die Deutsche Bahn AG „einen spürbaren Aufwärtstrend“. Verbände der Wettbewerbsbahnen kritisierten den Bericht. Der FDP-Obmann im Verkehrsausschuss des Deutschen Bundestags Torsten Herbst sprach von einem „Weckruf“ zu einer neuen Bahnreform.

Nach Angaben der DB schloss der Konzern die ersten sechs Monate 2021 pandemiebedingt mit einem operativen Verlust (EBIT bereinigt) in Höhe von 975 Millionen Euro ab. Zusammen mit außerordentlichen Effekten, Zinsaufwand und Ertragssteuern führt dies zu einem Ergebnis nach Steuern von minus 1,4 Milliarden Euro. „Im Vergleich zum ersten Halbjahr 2020 konnten die Verluste damit aber insgesamt deutlich verringert werden“, heißt es in dem Bericht. „Beim Umsatz verbesserte sich die DB in den ersten sechs Monaten 2021 gegenüber dem Vorjahreszeitraum um 12,2 Prozent auf 21,8 Milliarden Euro.“

Rückgänge und Wachstum

Im ersten Halbjahr 2021 nutzten deutschlandweit rund 480 Millionen Reisende die Züge der DB (Vorjahreszeitraum: rund 663 Millionen). Vor der Pandemie waren es im ersten Halbjahr 2019 noch über eine Milliarde Fahrgäste. Die Nahverkehrstochter DB Regio beförderte in den ersten sechs Monaten 2021 rund 27 Prozent weniger Menschen als im Vorjahreszeitraum. Besonders groß war der Rückgang mit minus 34 Prozent Reisenden beim Fernverkehr. Die Schienengüterverkehrstochter DB Cargo schaffte laut DB bei den Transportmengen die Wende zum Wachstum – auch dank gestiegener Nachfrage nach klimafreundlichen Lieferketten. Sie legte bei der Verkehrsleistung gegenüber dem ersten Halbjahr 2020 um 12,6 Prozent auf 43 Milliarden Tonnenkilometer zu.

Positiv sieht die DB auch die „sehr gute Entwicklung der Logistik-Tochter DB Schenker“, und: „Trotz Pandemie schlossen unter anderem auch die Geschäftsfelder DB Regio, DB Netze Fahrweg und DB Cargo bei den Umsätzen besser ab als im Vorjahreshalbjahr.“ DB-Vorstandsvorsitzender Dr. Richard Lutz verwies auf „substanzielle Verbesserungen bei Flotte und Netz, etwa durch neue XXL-ICE und fast 2000 Kilometer erneuerte Gleise allein in 2021“ und betonte: „Wir machen noch mehr Tempo für nachhaltige Mobilität und Logistik. Unser Angebot war nie besser als heute - wir sind gerüstet für mehr Reisende und Wachstum.“

Trotz Flutschäden: Bauprogramm geht weiter

Der bahn manager fragte nach dem Stand des Auslandsverkehrs der DB mit den deutschen Nachbarländern und wollte wissen, wie die DB ab dem 1. August der Festlegung der französischen Staatsbahn Rechnung tragen werde, in Zügen nur Fahrgäste mit Corona-Impfpass oder Negativtest zu befördern. Dr. Lutz erläuterte, dass derzeit alle Auslandsverbindungen der DB in Kooperation mit den Auslandsbahnen „intakt“ seien und gefahren würden. Wenn auf Seiten Frankreichs neue Regularien bezüglich der Beförderung von Reisenden gelten sollten, würden diese in Zügen nach Frankreich kooperativ „berücksichtigt“. Zur Frage des bahn managers, ob der nötige Wiederaufbau der Bahnstrecken nach der Hochwasserkatastrophe wegen Personalmangels in der Baubranche die derzeit schon geplanten anderen Bauarbeiten der DB verzögern könne, erklärte der DB-Vorsitzende: „Es besteht aus unserer jetzigen Perspektive kein Risiko, dass wir andere, natürlich genau so wichtige Arbeiten an unserer Bestands-Infrastruktur und neuen Ausbau verzögern müssen.“ Dabei helfe auch das von Anfang an gegebene „Signal des Eigentümers“, dass trotz der Belastung durch Corona an der Investitionsstrategie festgehalten werde.   

Das Bündnis für fairen Wettbewerb im Schienenpersonenverkehr Mofair sah in dem Bericht hingegen „erneut große Missstände, die es abzustellen gilt. Nur die Monopolrenditen des Netzes überdecken die gravierenden Schwächen des DB-Personenverkehrs. Ohne diese, nicht zuletzt durch die Wettbewerbsbahnen gezahlten, Netzentgelte sähe die Bilanz des integrierten Konzerns noch düsterer aus.“ Für das Netzwerk Europäischer Eisenbahnen NEE zeigt der DB-Bilanzbericht „wie im Brennglas, welch großer Handlungsbedarf für die neue Bundesregierung beim Güterverkehr besteht. Dass die DB Cargo - mit einem EBIT von minus 211 Mio. Euro im ersten Halbjahr - auch im siebten Jahr in Folge ein negatives Ergebnis in – wiederum - dreistelliger Millionenhöhe produzieren wird, ist für niemanden tragbar.“

Mofair und NEE gegen Wettbewerbsverzerrungen

Allein schon als Anteilseigner müsse der Bund diese Defizite verhindern, äußerte NEE-Geschäftsführer Peter Westenberger: „Er trägt durch die falschen verkehrspolitischen LKW-freundlichen Rahmenbedingungen wesentlich dazu bei, aber er muss in gleichem Maße klären, wie dieses Unternehmen selbst seine Produktivität so steigert, dass es schwarze Zahlen schreibt - wie die Wettbewerber vor und nach der Pandemie. Durch Preise unter Kosten – nichts anderes bedeutet das anhaltende Defizit der DB Cargo – wird der Wettbewerb unzulässig verzerrt.“

Mofair forderte eine grundlegende Bahnreform: „Das erst kürzlich von der Monopolkommission ausgestellte schlechte Zeugnis für die Bahnpolitik der Bundesregierung wird durch die Halbjahresbilanz der DB AG eindrucksvoll – negativ – bestätigt. Es bedarf dringend der im Sektorgutachten geforderten Maßnahmen, wie dem Ende der Beherrschungsverträge und einer getrennten Dividendenzahlung durch die einzelnen DB-Töchter statt des Gesamtkonzerns. Anderenfalls bleibt aufgrund der Intransparenz völlig im Dunkeln, wo und womit im integrierten Konzern Geld verdient und wo es verbrannt wird.“

FDP kritisiert „Schuldenberg“

Der FDP-Bahnpolitiker Torsten Herbst formulierte, bei der Deutschen Bahn AG dürfe es kein „Weiter so“ geben: „Die tiefroten Zahlen sind ein Weckruf für die Politik. Bereits ohne die Pandemie-Folgen war der Bahnkonzern in gefährlicher finanzieller Schieflage. Für die rasant gewachsenen Schulden von über 30 Milliarden Euro haftet am Ende der deutsche Steuerzahler. Jetzt rächt sich die frühere teure DB-Einkaufstour im Ausland, die völlige Verzettelung des Konzerns in verschiedenste Geschäftsfelder und der fehlende Fokus auf attraktive Angebote auf der Schiene im Inland. Es ist bemerkenswert, dass ausgerechnet das Lkw-Frachtgeschäft der Logistiktochter DB Schenker den Konzern davor rettet, noch tiefer in die roten Zahlen zu rutschen.

Es braucht endlich eine mutige Bahnreform 2.0, um dem Schienenverkehr in Deutschland eine positive wirtschaftliche Zukunft zu führen. Dazu gehört die Trennung von Infrastruktur und Verkehrsunternehmen des Bahnkonzerns, eine dauerhafte Absenkung der Trassenpreise für eine bessere Wettbewerbsposition des Schienenverkehrs und eine deutliche Verschlankung des DB-Konzerns. Ein weiteres Verschleppen der Reformen gefährdet nicht nur die politischen Ziele bei der Steigerung von Fahrgastzahl und Frachtaufkommen auf der Schiene, sondern erhöht auch den Schuldenberg des DB-Konzerns zu Lasten aller Steuerzahler immer weiter. Die Ziele der ersten Bahnreform wären damit weitgehend gescheitert.“

Dr. Lutz gegen Bahn-Kritik „von vorgestern“

Auf der Bilanz-Pressekonferenz wurde DB-Vorstandsvorsitzender Dr. Lutz darauf angesprochen, dass in einer kommenden Bundesregierung FDP und Grüne vertreten sein könnten. Diese wollten den integrierten Bahnkonzern DB zerschlagen. Dr. Lutz verwies darauf, dass „weltweit alle erfolgreichen und kundenfreundlichen Bahnen integrierte Eisenbahnen“ seien. „Deshalb gibt es aus meiner und unserer Überzeugung heraus überhaupt keinen Grund für einen schlechten deutschen Sonderweg und jetzt Trennungsdebatten zu führen, die man eigentlich vorgestern geführt hat.“ Dr. Lutz verwies auf das Beispiel Frankreich, wo unter dem Dach der Staatsbahn SNCF eine Konsolidierung durchgeführt wurde, und ergänzte: „Ich würde mir wünschen, dass wir nicht die Debatten von vorgestern führen“, sondern die Debatte, wie ein möglichst großer Beitrag der Bahn zur Klimapolitik geleistet werden könne. (red./hfs)

Artikel Redaktion Eurailpress
Artikel Redaktion Eurailpress