Schottland: Bahnstreik während des Klimagipfels in letzter Minute abgesagt

Werden auch während der Klimakonferenz in Glasgow fahren: Züge des EVU ScotRail, Quelle: ScotRail

Was in Deutschland die Lokführer, sind in Schottland die Ticketverkäufer und Zugbegleiter. Deren kampfbewusste Gewerkschaft RMT hätte fast die UN-Klimakonferenz COP26 verhagelt, die ab kommendem Sonntag, 31. Oktober, bis zum Freitag, 12. November, in Glasgow stattfinden wird.

Zu diesem Anlass werden rund 120 Weltführer und 30.000 Besucher nach Glasgow kommen. Ein spezieller Klimazug wird am Samstag von Amsterdam über Brüssel zur COP26 fahren. An Bord: die niederländische, belgische und französische Delegation von Eisenbahnunternehmen und politischen Entscheidungsträger. Da wäre es wenig erbaulich gewesen, wenn ausgerechnet das auch in Schottland als klimafreundliches Aushängeschild fungierende Bahnwesen im Streikchaos versunken wäre. Schließlich wird es durch zahlreiche Klimaaktivisten und entsprechende Kundgebungen in der schottischen Hafenstadt genug Unruhe geben.

Es ging ums Geld. Zahlen soll dies ScotRail, das seit 2015 von Abellio gehaltene führende schottische Bahnunternehmen. Drei Bahngewerkschaften, darunter die Lokführergewerkschaft Aslef, hatten eine Gehaltsvereinbarung von 4,7 Prozent über zwei Jahre akzeptiert, zusätzlich eines 300-Pfund-Bonus für die Arbeit während des Gipfels. Doch die Gewerkschaft Rail, Maritime and Transport (RMT) legte sich quer. Denn die Gehaltserhöhung sollte an Produktivitätssteigerungen gekoppelt werden, die nach RMT-Meinung zu Entlassungen geführt hätten. Auch wollte sich die RMT nur für ein Jahr festlegen.

Jetzt erklärten sich am 27. Oktober alle vier betroffenen Gewerkschaften mit einer einjährigen Lohnerhöhung um 2,5 Prozent rückwirkend ab April, drei Stunden Zuschlag für freie Tage und einer Zahlung von 300 Pfund für den COP26-Sonderdienst einverstanden. In einem Interview mit BBC Scotland hatte die RMT noch am Dienstag eine einjährige Erhöhung um 4,9 Prozent gefordert. Doch auch die Gewerkschaft weiß, dass derzeit der Umsatz von ScotRail immer noch nur die Hälfte des vor-pandämischen Zeitraums beträgt.

So erklärte der schottische RMT-Organisator Mick Hogg gegenüber The Scotsman: "Das Ergebnis entspricht den Bestrebungen meiner Mitglieder und bietet Fairness und Gerechtigkeit." Generalsekretär Mick Lynch sagte den Gewerkschaftsmitgliedern: „Durch die Annahme des Angebots erklärte ScotRail, dass alle aktuellen Streitigkeiten zwischen der Gewerkschaft und dem Unternehmen beigelegt und alle laufenden und geplanten Arbeitskampfmaßnahmen sofort zurückgezogen würden.“

Neil Bibby, Sprecher der schottischen Labour Party, kritisierte hingegen die Bahnpolitik der in Schottland regierenden nationalistischen SNP: „So begrüßenswert das Lohnabkommen auch ist, es macht die Verachtung, die die SNP in den letzten zwei Jahren den Bahnbeschäftigten gezeigt hat, nicht rückgängig. Die SNP muss sich jetzt dazu verpflichten, eine wirklich zweckdienliche Eisenbahn zu bauen und die rücksichtslosen Kürzungen bei den Dienstleistungen zu stoppen." Das sah der schottische Verkehrsminister Graeme Dey natürlich ganz anders: „Wir sind stolz darauf, einen Deal vermittelt und finanziert zu haben, der Schottlands Eisenbahnarbeitern eine angemessene Gehaltserhöhung und verbesserte Bedingungen bietet, im Gegensatz zu den Bedingungen für Eisenbahner unter der britischen Regierung.“  (red./hfs)

Artikel Redaktion Eurailpress
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