SPD Berlin fordert direkte Bahnverbindung Berlin-Usedom

Opfer eines polnischen Lastwagens wurde dieser DB-Triebzug an der Bahnstrecke Berlin-Stettin; Quelle: Hermann Schmidtendorf

Ihre Forderung, die direkte Bahnverbindung Berlin-Karnin auf Usedom wieder herzustellen, bekräftigten Verkehrspolitiker*innen des Fachausschusses Mobilität der SPD Berlin am 21. August 2021 auf einer deutsch-polnischen Sonderfahrt.

An der Fahrt nahmen auch Verkehrsexpert*innen aus Brandenburg und Polen teil. Der LINK-Dieseltriebzug des polnischen Herstellers PESA wurde von der Niederbarnimer Eisenbahn NEB gemietet. Die Link-Züge sind derzeit die einzigen Neubau-Züge, die serienmäßig für den Betrieb in Deutschland und Polen ausgerüstet und zugelassen sind. Über Szczecin (Stettin) dauerte die Fahrt von Berlin-Gesundbrunnen nach Swinoujście (Swinemünde) gemäß dem Sonderfahrplan vier Stunden 20 Minuten. Danach ging es per pedes zur direkt neben dem Bahnhof anlegenden Fähre, die im Minutentakt kostenlos auf die Ostseeinsel Usedom übersetzt, das polnische Uznam.

Die reguläre Zugverbindung mit DB Regio Nord-Ost führt von Berlin-Gesundbrunnen über die Hauptstrecke Berlin-Angermünde-Ducherow-Anklam-Stralsund/Rügen. Bei Züssow wird umgestiegen. Die Strecke führt dann entlang der Ostseeküste bis Ahlbeck Grenze und ist zwei Minuten später am neu entstandenen polnischen Stadtbahnhof Swinoujście Centrum. Fahrtdauer: vier Stunden. Die Distanz von dort zum Fährhafen beträgt zwei Kilometer. Bei Nutzung eines Busses kann in 30 bis 40 Minuten der auf dem polnischen Festland liegende Swinemünder Bahnhof erreicht werden.   

„Als erster prominenter SPD-Politiker aus Berlin setzte sich der damalige Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit für die Wiederherstellung der kurzen Verbindung Berlin-Swinemünde ein“, berichtete dem bahn manager der Organisator der Sonderfahrt Jürgen Murach, zugleich Sprecher des SPD-Arbeitskreises Polen. „Wir finden, die Zeit ist jetzt reif.“ Die Vorsitzende des SPD-Fachausschusses Sybille Uken erläuterte: „In den letzten Bundesregierungen wurde das Verkehrsministerium durch einen Minister aus dem südlichsten Bundesland Bayern geführt. Die Aufbaupläne für die Bahnstrecke nach Usedom kamen nicht in den maßgeblichen Bundesverkehrswegeplan. Jetzt ging die Landesregierung von Mecklenburg-Vorpommern, auch durch den Einsatz von SPD-Infrastrukturminister Christian Pegel, mit drei Millionen Euro für eine detaillierte Vorplanung in Vorleistung. Das Ergebnis soll bis zum Jahresende vorliegen und sollte Schwung in die Pläne bringen.“

Dazu müsste die nach 1945 abgebaute, 38 Kilometer lange Bahnstrecke Ducherow-Karnin-Stolpe-Garz bis zum Bahnhof Ahlbeck Grenze neu verlegt werden – das ginge weitgehend auf dem bis heute vorhandenen und nicht bahnrechtlich entwidmeten Planum der alten Bahnlinie. Dem seinerzeitigen Streckenabbau ging die Sprengung der Karniner Hubbrücke in den letzten Kriegstagen 1945 durch deutsche Armeetruppen voraus. Damit wurde der Nachsatz sowjetischer Truppen über die Bahnbrücke unmöglich gemacht. Bis heute rostet ein 35 Meter hoher Stumpf der Brücke inmitten der Strom genannten kurzen Wasserverbindung zwischen dem Stettiner Haff und der Mündung der Peene in den Peenestrom. Die Brücke zwischen Kamp und Karnin, heute ein Ortsteil der Stadt Usedom, war 360 Meter lang und müsste neu errichtet werden.  

Zu den Gegnern des Streckenaufbaus gehört jedoch ausgerechnet der aus der Region stammende CDU-Bundestagsabgeordnete Eckhardt Rehberg, bedauert Günther Jikeli, Vorsitzender der Usedomer Eisenbahnfreunde und Sprecher des Aktionsbündnisses Karniner Brücke. Ansonsten seien einige „Zugereiste“ dagegen, die sich nahe der ehemaligen Bahnstrecke Ferienhäuser errichteten. Doch die überwiegende Mehrzahl der Usedomer*innen begrüße die Bahnpläne. Denn die Belastung der Insel durch Pkw-Verkehr sei in letzter Zeit immer stärker geworden.

Einvernehmlich beschloss hingegen die amtierende Bundesregierung den zweigleisigen und elektrifizierten Ausbau der Bahnstrecke Berlin-Tantow – nachdem die Länder Berlin und Brandenburg sich mit 100 Millionen Euro an den Kosten beteiligten. Dieser Ausbau soll bis etwa 2026 durchgeführt sein. Erhofft wird, dass dann auch die polnische kurze Reststrecke von der deutsch-polnischen Grenzstation Tantow bis nach Stettin entsprechend modernisiert wird.

Wie wichtig eine Zweigleisigkeit der Strecke ist, sahen die Verkehrspolitiker*innen eindrücklich während ihrer Sonderfahrt. Am Gleisrand lag das Wrack eines Triebzugs von DB Regio, in den an einem polnischen unbeschrankten Bahnübergang ein polnischer Lastwagen gefahren war. Der optische Eindruck: Der Zug ist jetzt Schrott. Wegen der Eingleisigkeit war nach dem Unfall die Bahnverbindung zwischen der deutschen Hauptstadt und der polnischen Ostsee-Metropole mehrtätig unterbrochen. (red./hfs)

Artikel Redaktion Eurailpress
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