Thalys feiert Jubiläum und fährt wieder

Ein Thalys-Zug auf dem Pariser Bahnhof Gare du Nord; Quelle: H. Schmidtendorf

„Vor 175 Jahren dauerte es zwei Tage, um von Paris nach Brüssel zu gelangen. Heute ist es fast normal, diese Fahrt in 1:22 Stunden zu absolvieren“, erklärte der CEO von Thalys Bertrand Gosselin am 14. Juni 2021 bei der Fahrplanaufnahme des Hochgeschwindigkeitszuges nach dreimonatiger Corona-Pause.

An Bord des ersten Zuges von Paris-Nord nach Brüssel-Midi nach der Pause saßen 175 Thalys-Kunden und Partner. Denn genau vor 175 Jahren, am 14. Juni 1846, gab es erstmals einen regelmäßigen Zugverkehr auf dieser Strecke. Damit hatte Belgien nach der Bahnverbindung aus Richtung Belgien nach Aachen eine zweite grenzüberschreitende Bahnverbindung. In diesem Jahr feiert Thalys zugleich seinen 25. Geburtstag. Am 2. Juni 1996 fuhr Thalys zum ersten Mal von Paris nach Brüssel. Damals dauerte die Fahrt 2:03 Stunden, Amsterdam war in 4:47 Stunden erreicht. Inzwischen verbindet der knallrot lackierte internationale Hochgeschwindigkeitszug Thalys erfolgreich Deutschland, Belgien, Frankreich und die Niederlande.

Die letzten anderthalb Jahre waren für das Gemeinschaftsunternehmen der Staatsbahnen Frankreichs und Belgiens (SNCF – 60 Prozent, SNCB – 40 Prozent) äußerst belastend. 2020 beförderte das Unternehmen aufgrund der Corona-Pandemie lediglich 2,5 Millionen Passagiere, 70 Prozent weniger als 2019. Das brachte erhebliche Finanzprobleme. „Wir bei Thalys sind sehr erleichtert über den Abschluss dieser Transaktion“, erklärte deshalb Thalys-CEO Gosselin im Mai 2021. Das Unternehmen hatte von fünf europäischen Banken eine Finanzierung in Gesamthöhe von 120 Millionen Euro erhalten. Es war das erste Mal, dass Thalys eine externe Finanzierung in Anspruch nehmen musste. Doch angesichts der Umsatzrückgänge von bis zu 70 Prozent, einem negativen EBITDA von 78,5 Millionen Euro und einem Nettoergebnis von -137,7 Millionen Euro für das Geschäftsjahr 2020 schien das die einzige Lösung zu sein.

Die Finanzierung ist auf vier Jahre angelegt. „Vor dem Hintergrund der anstehenden Aufhebung der Reisebeschränkungen und der schrittweisen Erholung unserer Aktivitäten ist die Zukunft von Thalys durch die Finanzierung erst mal abgesichert“, freute sich Gosselin. „Damit können wir auf unseren Wachstumspfad zurückkehren und uns auf die kommerzielle Erholung von Thalys konzentrieren.“ Zunächst soll zur Hälfte des normalen Angebots mit 11 täglichen Hin- und Rückfahrten zwischen Brüssel und Paris zurückgekehrt werden. Die Reisenden-„Lounges“ in Bruxelles-Midi und Paris-Nord werden wieder geöffnet. Vom 25. Juli bis 4. September soll das Thalys-Angebot auf 68 Prozent aufgestockt werden.

Konkret bedeutet das: Bis zum 11. Juli fährt jeweils nur ein Zug von Dortmund über Brüssel nach Paris und wieder zurück. Ein zweiter Zug pro Tag bedient nur Köln. Bis Ende August sollen es wieder jeweils zwei Züge werden. Ab September soll die Frequenz dann auf drei Züge erhöht werden. Gleichzeitig wird die Frequenz der Thalys-Verbindungen von Brüssel aus in die Niederlande auf sieben Hin- und Rückfahrten erhöht werden, und zwischen Paris und Brüssel sollen wieder täglich elf dieser Schnellzüge fahren. Ab dem 3. Juli sollen auch wieder Thalys-Züge von der belgischen Hauptstadt ausgehend nach Südfrankreich eingesetzt werden. Bei den Zügen handelt es sich um dieselbe Bauart wie beim TGV der SNCF, ausgestattet mit höherem Komfort und den für den internationalen Verkehr nötigen Einrichtungen.

Bis heute sind grenzüberschreitende Zugverbindungen gerade im Hochgeschwindigkeitsbereich alles andere als die Regel. So war es nur zu verständlich, dass Benoît Gilson, der CEO des belgischen Bahninfrastruktur-Unternehmens Infrabel, bei der Wiederaufnahme des Thalys-Verkehrs an die Rolle Belgiens und Frankreichs als europäischer Musterknaben erinnerte. „In den vergangenen 25 Jahren ist Thalys zu einem Symbol der kulturellen und wirtschaftlichen Annäherung zwischen den großen Städten Europas geworden“, unterstrich Gilson. „Infrabel teilt die Vision von Thalys und bietet die notwendige Unterstützung, damit das Unternehmen seine Ambitionen verwirklichen kann. Die belgischen Hochgeschwindigkeitsstrecken waren die ersten in Europa, die von Grenze zu Grenze fertiggestellt wurden. Diese Abschnitte des Netzes kommen dem internationalen und nationalen Verkehr gleichermaßen zugute. Sie verbessern nicht nur die Reisezeiten, sondern unterstützen auch die soziale, wirtschaftliche und kulturelle Entwicklung Belgiens.“

Der belgische Infrastruktur-Präside vergaß nicht, den Zug als „umweltfreundliche Alternative für den Kurz- und Mittelstreckenverkehr“ darzustellen. Belgiens Vizepremierminister und Minister für Mobilität Georges Gilkinet betonte: „Die Eisenbahn hat nicht nur die beiden Hauptstädte Belgiens und Frankreichs zusammengebracht, sie hat auch Brücken zwischen den Europäern geschlagen, dank der Ambitionen und Innovationen, die Eisenbahnunternehmen wie SNCF, SNCB und Thalys heute weiterführen. Die Bahn ist ein Mittel zum Aufbau Europas und eine Alternative zum Flugzeug für kurze und mittlere Strecken. Deshalb unterstütze ich die Entwicklung von internationalen Hochgeschwindigkeits- sowie Nachtzügen voll und ganz, denn sie sind eine glaubwürdige, nachhaltige und angenehme Alternative für das Reisen. Mit der Bahn ist Europa zum Greifen nah!“ Und Infrastruktur-Chef Gilson fügte hinzu: „Wenn man das 25. Lebensjahr erreicht, hat man oft viele Träume von der Zukunft. Lassen Sie uns gemeinsam weiter träumen!“ (red./hfs)

Artikel Redaktion Eurailpress
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