Alstom feiert Premiere des Batterie-Triebzugs

Links 2018 als Bombardierzug, rechts 2021 als Alstom-Premierenzug: der neue Batterie-Triebzug; Quelle: Hermann Schmidtendorf/Alstom

Ein Erfolg der Fusion: Der neue dreiteilige Batteriezug von Alstom hatte auf der Strecke Chemnitz-Flöha-Zschopau Premierenfahrt. Der bahn manager lernte ihn 2018 noch als Bombardier-Entwicklung kennen.

Während der Premierenfahrt am 9. September 2021 im Rahmen der Digital Rail Convention in Annaberg-Buchholz wechselte der Zug seine Antriebsart von Oberleitungsbetrieb auf batterieelektrisch. Gäste waren unter anderem Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer sowie Michael Kretschmer, Ministerpräsident des Freistaats Sachsen. Der Zug wird ab dem Fahrplanwechsel im Dezember 2021 in Baden-Württemberg und Bayern zum Einsatz kommen. Er ist der erste für den regulären Fahrgastbetrieb zugelassene Batterietriebzug in Deutschland seit den 1960er Jahren, heißt es bei Alstom: Der Konzern unterstreiche mit diesem Zug seine Technologieführerschaft bei alternativen Antrieben auf der Schiene.

Am Rande der Innotrans 2018 hatte der bahn manager bereits einmal auf dem damaligen Bombardier-Werksgelände Hennigsdorf das absolut ruhige Fahrgefühl mit dem Prototyp des Batteriezugs erfahren können. Der Zug baut auf der Plattform des Talent 3 auf und war mit einer MITRAC-Batterie ausgerüstet. Im bahn manager #6/2019 erschien ein Interview mit dem Projektmanager des Zuges Bernd Giesler. Dabei betonte der Manager, dass die Entwicklung bei Batterien rasant vorangeht. Deshalb werde sich bald auch die Reichweite des Zuges deutlich erweitern lassen. 

Das Projekt hat seinen Ursprung in einer Forschungskooperation mit der TU Berlin, die Ende 2016 begann. Diese umfasst die Entwicklung, Zulassung und den Einsatz des Batterietriebzuges im Fahrgastbetrieb, den Nachweis der Gesamtwirtschaftlichkeit des Batteriebetriebs im Vollbahnbereich sowie die Erstellung von Handlungsempfehlungen für Politik, Betreiber und Aufgabenträger für den Einsatz von Batterietriebzügen auf nicht- oder nur teilweise elektrifizierten Strecken. Kernstück des Technologieträgers ist das Antriebssystem mit Traktionsbatterie, das in Mannheim entwickelt und getestet wurde. Dort betreibt Alstom ein spezialisiertes Batterie- und Hochspannungslabor.

„Alstom hat das klare Ziel, international führend bei alternativen Antriebstechnologien auf der Schiene zu werden. Dieses hochmoderne Antriebskonzept mit Batterien ist neben unserem Wasserstoffzug ein weiterer Meilenstein für die Markteinführung emissionsfreier Regionalzüge in Deutschland und weltweit“, erklärte dazu Müslüm Yakisan, Präsident von Alstom in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Sören Claus, Geschäftsführer der SRCC gGmbH, sagte: „Diese alternative Antriebstechnik kann einen wesentlichen Beitrag leisten, Nebenstrecken ohne Oberleitung klimaschonend zu betreiben, und kann insbesondere bei der Reaktivierung von Strecken eine Alternative aufzeigen.“

Der Batterietriebzug wurde in Kooperation verschiedener Projektpartner entwickelt. Dazu zählen die DB Regio, die Nahverkehrsgesellschaft Baden-Württemberg, die Nationale Organisation Wasserstoff- und Brennstoffzellentechnologie sowie die TU Berlin. Das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) fördert das Projekt mit rund vier Millionen Euro. Die wissenschaftliche Begleitforschung der TU Berlin hat seit Projektstart das Fachgebiet Bahnbetrieb und Infrastruktur gemeinsam mit dem Fachgebiet Methoden der Produktentwicklung und Mechatronik inne.

Die Untersuchungen ergaben beispielsweise, dass ein großer Anteil der heute mit Dieselfahrzeugen betriebenen Linien nichtelektrifizierte Abschnitte von deutlich unter 100 Kilometern sind. Die Nutzung der bereits bestehenden Fahrleitungsinfrastruktur erlaubt auf diesen Linien einen Einsatz von batterieelektrischen Fahrzeugen ohne größere Infrastrukturausbauten. Es wurden im Rahmen des Projektes umfangreiche Fahrdynamik- und Energiesimulationen durchgeführt. Prof. Dr.-Ing. Birgit Milius, Leiterin des Fachgebietes Bahnbetrieb und Infrastruktur, erläutert dazu: „Die Auswertungen haben deutlich gezeigt, dass im Schienenpersonennahverkehr batterieelektrische Fahrzeuge das Potenzial haben, Dieselfahrzeuge erfolgreich zu ersetzen. Unsere Betrachtungen hatten dabei immer das Gesamtsystem im Blick. Die Aspekte Fahrzeug, Betrieb und Infrastruktur wurden unter Berücksichtigung der unterschiedlichen Einsatzbedingungen analysiert, um so belastbare Ergebnisse zu erhalten.“

Während der Premierenfahrt des Alstom-Batteriezugs meldeten sich weitere Partner zu Wort. Dr. Harald Neuhaus, Geschäftsführer der Verkehrsverbund Mittelsachsen GmbH, unterstrich: "Bereits im zweiten Halbjahr 2019 wurde durch die Verbandsversammlung des Zweckverbandes Verkehrsverbund Mittelsachsen (ZVMS) die Verkehrsverbund Mittelsachsen GmbH (VMS GmbH) mit der Umsetzung eines Fahrzeugkonzeptes für den RE6 auf der Strecke Chemnitz – Leipzig beauftragt. Gute Erfahrungen mit Alstom konnten schon nach der Anschaffung von 29 Elektrotriebzügen des Typs Coradia Continental für das Elektronetz Mittelsachsen gesammelt werden. Die erfolgreiche Lieferung und Instandhaltung haben dazu geführt, dass Anfang 2020 über einen Nachtrag zum vorhandenen Liefervertrag auch Fahrzeuge mit modernstem batterieelektrischem Antriebskonzept in Auftrag gegeben werden konnten. Ab 2023 wird es dann Realität.“   (red./al/hfs)

Artikel Redaktion Eurailpress
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