DZSF treibt ATO-Forschung für den Schienenverkehr voran

Schiene
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Mit der Vergabe von sechs F&E-Projekten im 3. Quartal unterstreicht das DZSF die enorme Bandbreite der Schienenverkehrsforschung. Das Spektrum der Forschungsvorhaben, die im Folgenden vorgestellt werden, reicht von der Gefährdung der Schieneninfrastruktur durch Starkregenereignisse über die Erkennung und Beseitigung von Kapazitätsengpässen des Schienennetzes bis hin zu Sicherheitsaspekten des automatisierten Fahrens.

Automatic Train Operation Forschung

Ziel der beiden Projekte zum automatisierten Fahren ist es, die Zulassung automatisierter Systeme im Bahnverkehr vorzubereiten. Sie haben das Ziel, den Sektor Grundlagen zur Sicherheitsbewertung und Risikoakzeptanz und damit dem perspektivischen Sicherheitsnachweis zur Verfügung zu stellen. Zudem soll die Studie ein Diskurs zum Thema Zulassungs- und Akzeptanzkriterien innerhalb des Sektors ermöglichen. Für den Begleitkreis werden jetzt Vertreter aus der Branche gesucht, die ihre Perspektiven und Erfahrungen einbringen.

Projekt A: Funktionale Anforderungen an Sensorik und Logik einer ATO-Einheit

Im ersten Projekt soll die Sicherheit des Status Quo erfasst werden, indem die Fähigkeit des Fahrers erfasst wird, Situationen wahrzunehmen und richtig darauf zu reagieren. Dabei werden sowohl die zu erwartende physikalische Leistungsfähigkeit der Sinne, als auch Effekte wie Aufmerksamkeit untersucht. Nach dem Grundsatz gleicher Sicherheit sollte dann die benötigte Leistung des Systems definiert und dadurch auch zugelassen werden können.

Projekt B: Risikoakzeptanzkriterien für den automatisierten Fahrbetrieb

Das zweite Projekt untersucht die Frage, wie die Sicherheit bei einem Verzicht menschlicher Fahrer angepasst werden muss. Als Grundsatz ist hier zu sehen, dass dem Menschen eine Fehleranfälligkeit zugestanden wird, was bei technischen Systemen nur eingeschränkt der Fall ist. Im Projekt wird untersucht, wie der gesellschaftliche Konsens bezüglich der Risikoakzeptanz im Schienenverkehr aussieht.

Zusammen sollen beide Projekte einen quantitativen Ansatz liefern, der die Berechnung eines Sicherheitsansatzes für automatisierte Systeme erlaubt.

Weitere neue Projekte im Herbst 2020

Analysen zu schnellen wasserhaltigen Massenbewegungen

Das Forschungsprojekt „Analysen zu schnellen wasserhaltigen Massenbewegungen: Bundesweite Untersuchungen zur Exposition des deutschen Schienennetzes und Modellierungen der räumlichen Ausbreitung“ zielt darauf ab, die bestehenden Erkenntnisse und Ergebnisse zu gravitativen Massenbewegungen entlang der deutschen Schieneninfrastruktur zu ergänzen, mithilfe von Detailanalysen zu diversifizieren und eine neue, prozessspezifische Methodik für die Ausweisung von Gefährdungsgebieten schneller wasserhaltiger Massenbewegungen zu erarbeiten. Innerhalb dieses Projektes werden neben einer bundesweiten und prozessspezifischen Gefahrenhinweiskarte unter Einbezug von Einzugs- und Ausbreitungsgebieten auch hochauflösende Simulationen einzelner Starkregenereignisse modelliert und Abrissflächen, Schwellenwerte und Reichweiten möglicher Massenbewegungen prognostiziert.

Entwicklung eines bahnspezifischen Standards für Wasserstoffanwendungen in Schienenfahrzeugen

Für H2-Brennstoffzellenkomponenten in Schienenfahrzeugen existieren keine direkt anwendbaren Normengruppen und Regelwerke, sodass für die Fahrzeugzulassung auf Normen und Regeln aus der Industrie oder dem Automobilbereich zurückgegriffen werden muss. Ziel ist die Entwicklung eines bahnspezifischen Standards für den Schienensektor bzw. die Anpassung bestehender Regelwerke, wodurch die Implementierung der Wasserstoff- und Brennstoffzellentechnologie erleichtert und somit der Einsatz alternativer Antriebe im Schienenverkehr stärkt wird.

Identifikation von Kapazitätsengpässen

Deutschlandweit sollen die aktuellen Kapazitätsengpässe lokalisiert, analysiert und dazu Lösungsansätze formuliert werden. Ziele sind die automatisierte Erkennung von Engpässen auf Grundlage der aktuellen Betriebs- und Infrastrukturdaten, die automatische Analyse der Engpässe und Generierung von Lösungsmethoden sowie ein Echtzeitüberblick über den Netzzustand. Dies ermöglicht künftig schnelle Reaktionen z.B. bei betrieblichen Ursachen über automatische Auflösungsszenarien oder der Verbesserung langfristiger Infrastrukturplanung.

Prognose Securitybedarf und Bewertung möglicher Sicherheitskonzepte für das System Bahn

In den nächsten Jahren werden im Rahmen der Digitalen Schiene viele neue Technologien ihren Weg in das System Bahn finden, die nicht nur neue Möglichkeiten schaffen, sondern auch Cybersicherheitsrisiken darstellen. In diesem Projekt werden die signifikanten neuen Technologien prognostiziert, mögliche Risiken bewertet und auf Basis einer Evaluation existierender Sicherheitslösungen der Bedarf für weitere Maßnahmen abgeleitet.

Unterstützungsmaßnahmen bei der Durchführung von betrieblichen Hilfshandlungen

Im Fall einer Störung der Leit- und Sicherungstechnik kann und muss der Mensch die technischen Abhängigkeiten umgehen und den Betrieb nach den Vorschriften in der Rückfallebene aufrechterhalten. Betriebsunfälle in der jüngsten Vergangenheit sowie registrierte Fehlhandlungen geben Anlass, vorhandene Unterstützungsmaßnahmen und angewandte Vorschriften aus dem Blickwinkel des gegenwärtigen Betriebsgeschehens und der damit verbundenen Belastungen für das Betriebspersonal einer Prüfung zu unterziehen. Im Projekt sollen Handlungsempfehlungen für geeignete Maßnahmen zur Vermeidung menschlicher Fehlhandlungen abgeleitet und deren Umsetzbarkeit unter den Aspekten Betriebssicherheit und Wirtschaftlichkeit diskutiert und beurteilt werden. (red/DZSF)

Artikel Redaktion Eurailpress
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