Schienengüterverkehr: Dänemark stoppt nach Vorfall alle Taschenwagen

Hochbrücke DK
Foto: Falk2

Dänemark hat bis auf weiteres den Einsatz von Taschenwagen zum Transport von Lkw-Trailern verboten. Anlass ist ein Bahnvorfall auf der Großer Belt-Brücke am 13. Januar 2021.

Von Hermann Schmidtendorf, Chefredakteur bahn manager

Der Vorfall betraf einen Taschen-Transportwaggon von DB Cargo auf dem Weg von Høje Taastrup zur Carlsberg-Brauerei in Fredericia. Alle Güterzüge fuhren zum Zeitpunkt des Vorfalls aufgrund starken Windes auf der Brücke mit einer reduzierten Geschwindigkeit von 80 Stundenkilometern. Die Große Belt-Brücke - Storebæltsbro – verbindet Dänemark und Schweden und ist im Westteil eine kombinierte Bahn-/Straße-Brücke mit zweigleisigem Bahnanteil.

Ein Autofahrer beobachtete, dass einer der Auflieger in dem Güterzug sich bewegte, und kontaktierte die Polizei. Der Zug wurde in Nyborg angehalten. Bo Haaning ist stellvertretender Leiter der Dänischen Havarikommissionen (Unfalluntersuchungsausschuss, Accident Investigation Board AIB) und Leiter der Eisenbahnabteilung. Weder Menschen noch Ausrüstung seien zu Schaden gekommen, aber es hätte schief gehen können, erklärte Haaning gegenüber TV 2 Fyn. Der Lastwagentrailer habe „nicht wirklich“ auf dem Güterwagen gestanden, er sei „nicht ordnungsgemäß verriegelt“ gewesen. Bei Sattelzügen wird der Auflieger durch den sogenannten Königszapfen mit der Zugmaschine verbunden. Dieser Zapfen muss auch auf Gütertransportwagen verriegelt sein. Haaning: „Das war es nicht. Es ist schief.“

Und das, obwohl sich „das Schloss in der richtigen Verriegelungsposition befand und das Stuhlschloss gut funktionierte, wie vorgeschrieben gewartet und geschmiert.“ In einigen der durchgeführten Tests habe es „keine oder nur eine begrenzte Verriegelungswirkung“ gegeben, „wenn es in vertikaler Richtung gezogen wurde“ – wie offenbar auf der Großer Belt-Brücke durch den starken Wind. Daher dürfen jetzt bis zu weiteren Klärungen überhaupt keine Taschenwagen auf Dänemarks Bahnen fahren. Hintergrund für diese schroffe Entscheidung ist wahrscheinlich der tragische Bahnunfall am 2. Januar 2019, bei dem ein Güterzug bei einem ähnlichen Vorfall ebenfalls auf der Großer Belt-Brücke mit einem IC-Personenzug kollidierte - acht Menschen starben, 16 wurden verletzt.

DB Cargo Scandinavia betonte: Der an dem Sicherheitsvorfall beteiligte Zug befolgte vor seiner Fahrt alle erforderlichen Protokolle. Überwachungskameras auf der Brücke bestätigten, dass die Brücke starken Windströmungen ausgesetzt war, die den vorderen Teil des Zuges sogar während des Vorfalls leicht anhoben. Hätte der Zug unter solchen Bedingungen die Brücke überhaupt passieren dürfen? Die europäische Bahnagentur ERA und auch die AIB bestätigten, dass es bislang in der EU nur diese beiden Unfallberichte von der Großer Belt-Brücke mit Beteiligung von Taschenwagen gäbe. So scheint es logisch zu sein, zwar bessere Fixierungen zu prüfen, aber nicht diese Waggongattung per se für unsicher zu erklären.

In der Zwischenzeit hat der Bahnlogistiker HUPAC angekündigt, als alternative Passage durch Dänemark über die Stadt Taulov zu fahren. Notfalls müssten Trailer auch über Hamburg fahren. Die Schiffslinie Stena Line bietet ihren Service zwischen Trelleborg (Schweden) und Rostock an: „Wir haben auf den beiden Fähren MS Mecklenburg-Vorpommern und MS Skåne jeweils einen Kilometer Gleiskapazität und fahren bis zu 40 Mal pro Woche hin und her. Auf diese Weise können wir einen wichtigen Beitrag dazu leisten, dass Güterzüge über den gesamten Kontinent fahren können, selbst wenn die Überlandroute ausfällt.“

Der Online-Fachdienst Rail Freight betont, dass starke Winde auf der Storebæltsbro häufig anzutreffen seien. „Man würde erwarten, dass ein gutes Betriebsmanagement Vorrang hat, um die Sicherheit der Fahrten zu gewährleisten.“ Doch es gäbe Ungereimtheiten. „Zum Beispiel gibt es trotz der besonderen Bedingungen, die für das Gebiet gelten, nur zwei Windmessgeräte auf der 18 Kilometer langen Brücke. Trotz der allgemeinen Annahme, dass die Nordseite der Brücke stärkere Wetterphänomene aufweist, liegen beide Messinstrumente auf der Südseite. Gleichzeitig verfügt die Brücke nicht über Windschutzscheiben, die den Wind verlangsamen und den Betrieb der Züge sichern würden. Könnten diese besonderen Umstände hier das eigentliche Problem sein?“

 

Foto: Große Belt Brücke, Fahrbahn auf der Westbrücke Richtung ONO, im Hintergrund die Hochbrücke

Bahn Manager
Artikel Redaktion bahn manager
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