Zug Berlin – Szczecin entgleiste, Bahnstrecke gesperrt

Die Unfallstelle bei Kołbaskowo; Quelle: KW PSP Szczecin

Bei einem Unfall auf der Regionalbahnstrecke Berlin-Szczecin (Stettin) wurden acht Personen leicht verletzt. Ein Lastwagen war trotz Rotlichts auf einen unbeschrankten Bahnübergang gefahren und brachte zwei Wagen der sechsteiligen BR 646-Komposition der DB Regio Nord-Ost zum Entgleisen. Nach Angaben der DB soll der Streckenabschnitt der RB66 zwischen Szczecin Główny und Tantow bis zum 8. August 2021 gesperrt bleiben.

Der Unfall ereignete sich am 29. Juli 2021 gegen 6.30 Uhr morgens am Bahnübergang in Przecław, Gemeinde Kołbaskowo, berichtete der Sprecher der Stettiner Feuerwehr Tomasz Kubiak. Der Lkw-Fahrer verließ sein Fahrzeug selbst, 39 Personen wurden aus dem Zug evakuiert. Etwa 50 Meter Gleis und Schwellen wurden beschädigt. Aus bahnrechtlichen Gründen fungiert auf polnischer Seite das polnische staatliche Bahnunternehmen Polregio als Fahrtführer, es befand sich also am Unfallort in dem von Stettin nach Angermünde fahrenden DB-Zug ein polnischer Fahrzeugführer.

Der Zwischenfall könnte die Bemühungen beschleunigen, diese derzeit eingleisige Bahnstrecke Berlin-Stettin zweigleisig auszubauen. Nachdem die Länder Berlin und Brandenburg sich bereiterklärt hatten, entsprechende Kosten teilweise mitzufinanzieren, wurde inzwischen auf deutscher Seite der zweigleisige elektrifizierte Ausbau von Angermünde bis zur deutsch-polnischen Grenze beschlossen und begonnen. Derzeit fehlt teilweise die Oberleitung, so dass nur Dieselfahrzeuge diese Strecke nutzen können.

Die polnische sozialdemokratische Partei Lewica hatte eine parlamentarische Anfrage an den polnischen Verkehrsminister zum Stand der Debatten zum Ausbau der Bahnstrecke Staatsgrenze – Szczecin gestellt, die am 29 Juni 2021 mit Aktenzeichen DTK-7.4602.103.2021 beantwortet wurde. Das berichteten dem bahn manager mit Polen-Kontakten betraute Vertreter des SPD-Landesverbands Berlin.

 

In der Antwort des polnischen Verkehrsministers heißt es unter anderem: „Der Nichtbau des zweiten Gleises im Abschnitt Stettin Gumieńce - Staatsgrenze bedeutet nicht automatisch, dass auf polnischer Seite der Bahnstrecke Stettin - Berlin Kapazitätsprobleme auftreten. Dieses Problem wird durch Art. 2 Klausel 3 der Vereinbarungen zwischen dem Minister für Verkehr, Bau und Seewirtschaft der Republik Polen und dem Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung der Bundesrepublik Deutschland über die Zusammenarbeit beim Ausbau der Eisenbahnverbindung Stettin-Berlin, unterzeichnet in Szczecin am 20. Dezember 2020 (MP von 2013, Pos. 146), gelöst, der den Bau des zweiten Gleises von der Verkehrsentwicklung abhängig macht. Derzeit wartet die PKP Polskie Linie Kolejowe SA auf die Annahme der Studie, die bei der Entscheidungsfindung helfen soll zum Zeitplan und den Annahmen für den Bau des zweiten Gleises.“

 

Der jetzige Unfall auf der Strecke Berlin-Stettin verdeutlicht erneut, dass es nicht nur um Kapazitätsprobleme geht, sondern um die generelle Nutzbarkeit der Strecke auch in Notsituationen. Das sollte bei den jetzt anstehenden Beratungen innerhalb der polnischen Staatsbahn zusätzlich zugunsten der Zweigleisigkeit auch des polnischen Streckenabschnitts sprechen.

 

Im Webportal polsatnews.pl ließen polnische Kommentatoren an dem Lkw-Fahrer, der den Unfall verursachte, kein gutes Haar. Der Chatter mit dem Nicknamen efew empfand es als Ausrede, dass der Lastwagenfahrer gegenüber der Polizei angab, ihn habe die Sonne geblendet, weshalb er das Warnlicht am Bahnübergang nicht sah: „Es wäre besser, gar nichts zu erklären, als das so dumm zu tun. Bei der Annäherung an die Kreuzung ist der Fahrer verpflichtet, langsamer zu fahren, auf die Signalisierung zu achten, aber vor allem auch nach einem herannahenden Zug Ausschau zu halten. Es war eine lange gerade Strecke. Dieser Zug kam nicht aus dem Nichts. Der Fahrer hat einen Kardinalfehler gemacht, dessen Folgen sehr beklagenswert sein können.“

Grundsätzlicher sieht das Problem der polnische Chatter Ron: „Polen ist einfach ein Land der Idioten am Steuer! Auf der rund 150 km langen Strecke von Szczecin nach Berlin gibt es mindestens ein Dutzend Übergänge, davon drei auf der polnischen Seite der Grenze. Unfälle passieren seit Jahren nur auf polnischer Seite. Ich hoffe, dass er seinen Führerschein für lange Zeit verlieren wird.“ Der Chatter „Psychofan of Initiatives“ ironisierte hingegen gegen die seiner Meinung nach zu geringen Ausgaben des Staates für eine bessere Sicherung von Bahnübergängen: „Ich schlage vor, weitere 30 Jahre zu warten, bis der Bau einer bewachten Kreuzung an dieser Stelle von Deutschland finanziert wird, denn das ist doch eine Eisenbahnlinie nach Deutschland". (red./hfs)  

Artikel Redaktion Eurailpress
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