Boom für E-Mobilität: Tesla plant in Brandenburg Gigafabrik
Klondyke heißt jetzt Grünheide: Am 12. November verkündete überraschend der Gründer des Elektro-PKW-Unternehmens Tesla Elon Musk, in Brandenburg seine vierte sogenannte "Gigafactory" bauen zu wollen.
Von Hermann Schmidtendorf, Chefredakteur bahn manager
Als „Gigafabrik“ bezeichnet das Unternehmen Tesla Werke, in denen sowohl Autos als auch Batterien gebaut werden. Im brandenburgischen Grünheide wenige Kilometer östlich der Landesgrenze zwischen Berlin und Brandenburg sollen zunächst der künftige Kompakt-SUV Model Y sowie auch Batterien und Antriebe produziert werden. Das versetzte örtliche Wirtschaftsverantwortliche in Goldgräberstimmung. „Rund 6000, 7000 Arbeitsplätze“ könnten entstehen, so Berlins Wirtschaftssenatorin Ramona Pop (Grüne), und zusätzlich vielleicht noch in Berlin „ein paar Hundert, wenn nicht gar ein paar Tausend“ neue Jobs. Verhandelt werde auch über ein Tesla-Entwicklungs- und Designzentrum in Berlin für die Bereiche Software, Innovation und Forschung. "Dass der Standort sich im europaweiten Vergleich durchgesetzt hat, ist schon eine Riesennummer für unser Land", sagte Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) im rbb. Nach seiner Ansicht war neben der Nähe zu Berlin auch der hohe Anteil Erneuerbarer Energien in Brandenburg entscheidend für die Standortwahl.
Brandenburg hat nach Angaben des Regierungschefs seit fünf bis sechs Monaten mit Tesla verhandelt. Ausschlaggebend für die Entscheidung Teslas sei der gute Standort in Grünheide gewesen. Hier gebe es ein 300 Hektar großes Grundstück mit einer Eisenbahnlinie und einem Bahnhof. Dazu komme die Anbindung an die A10 sowie die Nähe zum künftigen Flughafen BER. Das Gewerbegelände in Grünheide war schon einmal vor etwa 20 Jahren als möglicher Standort für ein BMW-Werk im Gespräch gewesen. Der Münchner Autobauer entschied sich jedoch für Leipzig.
Begeistert zeigte sich die Deutsche Regionaleisenbahn GmbH DRE als örtliches Eisenbahninfrastrukturunternehmen. Die DRE betreibt im Güterverkehrszentrum (GVZ) Berlin Ost in Grünheide-Freienbrink ein umfangreiches Gleisnetz mit Anschluss an die DB-Hauptstrecke Berlin - Frankfurt/Oder. Der zukünftige Tesla-Standort könne somit optimal an den umweltfreundlichen Verkehrsträger Schiene angeschlossen werden. „Die DRE setzt nun alle Hoffnung in diese großartige Planung und geht davon aus, dass damit auch eine Initialzündung "pro Schiene" für weitere Kunden im GVZ verbunden sein wird“, erklärte ihr Sprecher Gerhard J. Curth. Damit bestehe erstmals seit mehr als 20 Jahren eine realistische Chance, diesen Logistikstandort auch bahnseitig nachhaltig zu beleben.
Der Hauptgeschäftsführer der Unternehmensverbände Berlin-Brandenburg, Christian Amsinck, bezeichnete die "großartige Nachricht" für die Hauptstadtregion als "ein vorgezogenes Weihnachtsfest". Brandenburg und Berlin müssten nun die notwendigen Voraussetzungen dafür schaffen, dass die Investition von Tesla zügig umgesetzt werden könne. Kommentiert wird mit Passion die räumliche Nähe zum zukünftigen Hauptstadtflughafen BER (etwa 25 Autominuten Entfernung). Der Präsident der Industrie- und Handelskammer Potsdam Peter Heydenbluth sieht „zusätzlichen Druck“, den BER fertigzustellen. Sarkastiker im Internet warnten hingegen, Tesla solle bloß keine Baufirmen engagieren, die schon den BER so „schnell“ errichteten, sonst werde die geplante Fabrik nie fertig. Mit amerikanischem Elan stellt sich Musk vor, bereits 2021 oder 2022 die Fabrik in Betrieb nehmen zu können. Ob Plangenehmigung, Baurecht, Umweltprüfungen und was der administrativen Folterwerkzeuge mehr sind hier mithalten können? Vielleicht sollte sich Musk einen Partner holen, der - für manche vielleicht überraschend - genau dieses „amerikanische“ Tempo beherrscht: Die Deutsche Bahn-Tochter DB Energie!
2013 hatte Musk die erste Schnellladestation für seine Pkw in Norwegen eröffnet. Er versprach, innerhalb eines Jahres alle Autobahnen bis Portugal mit diesen Super Chargern auszustatten. ALLE – also auch die deutschen. Und das klappte – dank DB Energie. Der Autor dieser Zeilen war am 21. Januar 2014 zur Eröffnung der ersten E-Lade-Stationen auf dem Autobahn-Rastplatz Bad Rappenau eingeladen, den die DB-Tochter errichtet hatte. Auf der Fahrt dorthin schwärmte ein Projektmanager im Vertrauen: "Die Mitbewerber aus der Energiewirtschaft haben gleich abgewunken, sie bräuchten ein Jahr für dieses Projekt. Doch wir, obwohl ein staatliches Unternehmen, hatten volle Freiheit, benötigten nur drei Monate, um Standorte zu bestimmen, Verträge abzuschließen, Baugenehmigungen zu erhalten und vier solcher Stationen zu errichten. Ich bin stolz darauf, dass wir so verrückt schnell arbeiten durften."
Offiziell erklärte uns damals Geschäftsführer Thomas Groh: "DB Energie ist dafür bekannt, Triebfahrzeuge mit Strom und Kraftstoff zu versorgen. Aber wir beschäftigen uns schon lange mit Elektromobilität. Es ist also logisch, dass wir uns auch mit der Energieversorgung anderer Fahrzeuge als Schienenfahrzeuge befassen. Wir freuen uns sehr, dass wir daran teilnehmen können. Wir bauen seit fünf Jahren Ladestationen für Elektroautos."
Man reibt sich Ohren und Augen. Die DB, ein Vorreiter planerischer Schnelligkeit? Doch bei den Projekten für Musk und seine Tesla-Stromtankstellen erlaubte offenbar die Firmenleitung, völlig von „normalen“ Prozeduren abzugehen. Derart „von der Leine gelassen“, leisteten die Fachleute von DB Energie Großartiges. Die Bedenkenträger im Management müssen nur grünes Licht geben. Wäre das nicht für den DB-Konzern generell bedenkenswert? Zur Erinnerung haben wir einen Film von 2014 ins Deutsche übersetzt und auf die bahn manager-Videoplattform gesetzt, der seinerzeit die DB Energie/Tesla-Kooperation in polnischen Kabel-TV-Anstalten im Bahn-TV-Magazin Kolejwizja schilderte. bahn manager arbeitet heute mit den polnischen TV-Kollegen zusammen, was Synergien unter anderem beim Zugang zu Archivmaterialien bringt. Hier der Link: https://youtu.be/5ovSDRmQhHY