EVG: Streik bei Eurobahn, gegen Ausschreibung bei S-Bahn Berlin
Der Bundesvorstand der EVG hatte einem unbefristeten Arbeitskampf bei Keolis/eurobahn zugestimmt, der erste Streik der EVG unter ihrem neuen Vorsitzenden Torsten Westphal ging am Donnerstag, den 12.12.2019 unverändert weiter.
Nachdem sich zuvor 94 Prozent der EVG-Mitglieder, die sich an der Urabstimmung beteiligt hatten, für einen Erzwingungsstreik zur Durchsetzung ihrer Forderungen aussprachen, brachte der Streik den Zugverkehr des EVUs großflächig zum Erliegen. Die „Neue Westfälische“ (NW) vermeldete „chaotische Bedingungen für Tausende Fahrgäste beim Bahnreisen in Ostwestfalen-Lippe und auf zahlreichen Strecken in Nordrhein-Westfalen“. Die eurobahn hatte EVG-Chef Westphal bereits in seinem ersten Forderungskatalog aufs Korn genommen, mit dem er sich nach seiner Wahl am 12.11.2019 in die aktuellen Bahndebatten einschaltete. Darin kritisierte Westphal den „Dumping-Irrsinn“ bei der Ausschreibung von Bus- und Bahnlinien in Deutschland: „Da findet das Unternehmen eurobahn keine Beschäftigten mehr, weil Kolleginnen und Kollegen nicht bereit sind, für die angebotenen Löhne zu arbeiten.“
„Für die Fahrgäste ist das eine Katastrophe", kritisierte laut NW Willi Wächter, Vorsitzender des Fahrgastverbandes OWL. Auf kleineren Bahnhöfen informierten elektronische Laufbänder an den Bahnsteigen die Fahrgäste in der Regel zwar kurzfristig über Zugausfälle, nicht aber über einen Ersatzverkehr. Daher müsse dieser jeweils schnell über die Homepage des Bahnunternehmens oder Twitter vermeldet werden. Auch Unternehmenssprecherin Nicole Pizzuti zeigte kein Verständnis für die Terminierung des
Streiks. Die Bundesgeschäftsführerin der EVG, Cosima Ingenschay, konterte: "Die Geschäftsführung der eurobahn lässt ihre Fahrgäste bei Schmuddelwetter lieber in der Kälte stehen, statt sich mit uns zu einigen. Das ist völlig unverständlich."
Inhaltlich gehe es bei dem Streik um einen neuen Tarifvertrag mit Forderungen, die bei anderen Unternehmen bereits durchgesetzt worden seien. Um dem Fachkräftemangel zu begegnen, müssten Unternehmen attraktive Rahmenbedingungen schaffen. Dazu gehöre auch das EVG-Wahlmodell, bei dem sich die Beschäftigten individuell zwischen mehr Geld, mehr Urlaub oder einer Arbeitszeitverkürzung entscheiden könnten.
Massive Kritik äußerte zugleich die EVG zusammen mit dem Deutschen Gewerkschaftsbund DGB, dem Bund für Umwelt und Naturschutz BUND und den Naturfreunden Berlin an den Plänen, den Betrieb auf der S-Bahn Berlin auszuschreiben. Die geplante Ausschreibung sei „nicht geeignet“, den Ausbau des Schienenpersonen-
Nahverkehrs SPNV voranzubringen. Man sehe zwar durchaus Probleme durch die internen Schnittstellen bei der Deutschen Bahn AG. Die Organisationen warnen aber:
„Dieses Problem wird durch die Aufteilung auf mehrere Betreiber nicht kleiner, sondern größer“.
Unnötig sei die Forderung des Baus einer neuen S-Bahn-Werkstatt. Inakzeptabel sei vor allem, dass nach den jetzigen Planungen der vorgesehene Personalübergang „nicht auf Basis des aktuell für die S-Bahn gültigen EVG-Tarifvertrages“ erfolgen soll. Das werde Einbußen für die Beschäftigten zur Folge haben. Daher sei es fraglich, ob S-Bahner in ausreichender Zahl zu einem möglichen neuen Betreiber wechseln würden.
Von Hermann Schmidtendorf, Chefredakteur bahn manager