Jubel bei der DB: Erstes spanisches Lokpersonal eingetroffen

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Foto: DB / Katja Stumpp

Anhaltende Engpässe auf dem Arbeitsmarkt lassen die Deutsche Bahn ungewöhnliche Wege gehen: Sie rekrutiert mit Erfolg Personal in Spanien.

Von Hermann Schmidtendorf, Chefredakteur bahn manager

Große Freude in Kornwestheim: Die ersten in Spanien angeworbenen angehenden Lokführerinnen und Lokführer trafen Mitte Januar 2020 zur Fortsetzung ihrer Ausbildung ein. Erstmals hatte die DB auf der Iberischen Halbinsel Personal gesucht – mit überwältigender Resonanz. Auf 30 ausgelobte Plätze bewarben sich 11.000 Interessenten.

„In Spanien kostet die Ausbildung zum Lokführer mehr als 20.000 Euro“,

erklärt sich die DB den Erfolg. „In Deutschland erhalten die Auszubildenden dagegen ein Gehalt.“

In Madrid hatte die DB den Aspiranten einen siebenmonatigen Deutschkurs (B1) und erste Fachkurse bei der DB Cargo-Tochter Transfesa finanziert. Jetzt beginnt bei der DB Cargo an den Standorten Kornwestheim, Mannheim und Köln der zweite Teil ihrer Ausbildung. In Deutschland dauert die Ausbildung für die Quereinsteiger etwa neun Monate. Nach bestandener Prüfung erhalten die Triebfahrzeugführer einen unbefristeten Arbeitsvertrag.  „Wir freuen uns sehr darüber, dass die Kolleginnen und Kollegen aus Spanien jetzt die DB unterstützen und dass wir hier Menschen eine Chance und einen sicheren Arbeitsplatz bieten, wenn sie einen Neuanfang wagen“, sagt DB-Personalvorstand Martin Seiler. „Das spanische Programm zeigt zugleich, dass es richtig ist, bei der Personalgewinnung neue Wege zu gehen. Mit einer jüngst gegründeten Cross-Border-Einheit bauen wir die europaweiten Aktivitäten weiter aus. Wir rekrutieren jetzt grenzenlos!“

Aktuell, so die DB, laufen Ausschreibungen in Griechenland, Spanien, Italien, Serbien, Nordmazedonien und Rumänien. Besonders gefragt sind Lokführer, Busfahrer, Lokrangierführer und Elektriker. Mit der Stellenausschreibung in Spanien hat DB Cargo im vergangenen Jahr eine Vorreiterrolle im DB-Konzern eingenommen. Eine zweite Ausschreibung sei ebenso erfolgreich verlaufen. Im Januar begann für die zweite Gruppe der Sprachunterricht. Im Rahmen der Strategie „Starke Schiene“ will die Deutsche Bahn in den kommenden Jahren rund 100.000 neue Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter einstellen. Alleine 2019 hat die DB mehr als 24.000 neue Kolleginnen und Kollegen an Bord geholt, darunter mehr als 2000 Lokführer. Insgesamt kamen 400.000 Bewerbungen an.

Auch die Nicht-DB-Bahnen suchen verstärkt Lokpersonal im Ausland, hier sind allerdings vor allem Polen, die Ukraine und Tschechien im Fokus. Das in Berlin ansässige Schulungsunternehmen dispo TF gründete dazu eigens die Firmentochter dispo TF Poland. "Wir suchen Personal, das den Anforderungen des Berufsalltags gut gewachsen ist und Freude als Lok- und Triebführer hat", umschreibt Geschäftsführer Roman Hilz gegenüber bahn manager sein Ziel. "Deshalb wollen wir schon in unserem Angebot deutlich machen: Wir bieten Außerordentliches, erwarten aber auch entsprechendes Engagement und Leistung."

Der Unterricht dauert elf Monate und findet in Szczecin/Stettin statt. Auch hier erhalten die Schulungsteilnehmer Vergünstigungen wie  eine Geldprämie für die Schulleistung von 100 bis 300 Euro im Monat, eine Bahncard 50. Unbefristete Anstellung nach bestandener Prüfung wird zugesichert. Wie bei der DB findet ein Teil der Ausbildung in Deutschland statt. "Das Minimum ist ein Zertifikat B1 des Goethe-Instituts“, erklärt Geschäftsführer Hilz die mit der DB gleich laufenden sprachlichen Anforderungen. „Sollten Kandidaten dieses Sprachniveau trotz Zertifikats nicht beherrschen, würde das sofort herauskommen! Denn damit das Personal in Deutschland arbeiten kann, werden wir auch in Polen die Kurse auf Deutsch abhalten.“

Auch das in Tschechien beheimatete Bus- und Zugunternehmen Leo Express begann im August 2019 in Polen mit der Personalsuche für den Einsatz in Deutschland. Offeriert wird ein „Nettogehalt von 10.000 Złoty (etwa 2.500 Euro, bm), neben Schulungen zur Erlangung der notwendigen Dokumente für die Personenbeförderung werden Deutschkurse sowie die Deckung von Reise- und Übernachtungskosten angeboten“, erklärt Jakub Wosik, Leiter der Abteilung Rail Transport Organization bei Leo Express. Offenbar sollen der polnischen Staatsbahn PKP und anderen polnischen Bahnen Personale abgeworben werden: „Wir suchen aktive Lokführer, die vor allem einen Deutschkurs absolvieren müssen. Die Sprachkenntnisse sollten vor dem Training mindestens auf dem Niveau B1 sein.“

Offenbar sollen die neuen Personale Züge von Flixtrain führen, denn Jakub Wosik erläutert auch: „Leo Express entwickelt sich in Deutschland sehr schnell, wo das Unternehmen auf der Strecke Berlin-Stuttgart aktiv ist. Neue Personale werden in Deutschland auf Siemens Vectron-Lokomotiven fahren. Dank eines übersichtlichen Dienstplans kann der Fahrer in nur 18 Tagen 156 Stunden arbeiten.“ Zu den Incentives gehören „nicht nur traditionelle Leistungen wie zusätzliche Rentenversicherung, Treueprämien, sondern auch Leo-Kronen für den privaten Gebrauch (inoffizielles Firmen-Geld, bm), regelmäßige Schulungen sowie die Fähigkeit, Qualifikationen in mehreren Märkten (Tschechische Republik, Slowakei, Polen, Deutschland) zu erhalten für Elektro- und Dieseltraktion.“

Bild: Personalvorstand Martin Seiler, Albar Garcia Tagle, Jose Manuel Laborde Villon, Dr. Ursula Biernert, Personalvorstand DB Cargo, Jose Navarro Lustre (v.l.n.r.)

Artikel Redaktion Eurailpress
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