Mehr Schiene für die junge Generation
Das Bundesverfassungsgericht hat auf die Beschwerde einer Reihe jüngerer Menschen hin dem Bundestag aufgegeben, das am 12. Dezember 2019 beschlossene Bundes-Klimaschutzgesetz (KSG) nachzubessern.
Das Netzwerk Europäischer Eisenbahnen nimmt dies zum Anlass, Regierung und Parteien in einem Positionspapier Vorschläge zu unterbreiten, die teils auch noch in dieser Legislaturperiode auf den Weg gebracht werden können.
„Statt Lippenbekenntnissen braucht Deutschland wirksame Beschlüsse für eine klimafreundliche Gütermobilität. Die Alternative zum Güterverkehr mit Lkw und seinen immer weiterwachsenden CO2-Emissionen lautet mehr Schiene vor allem im Fernverkehr, der durch neue Antriebe im Nah- und Verteilerverkehr auf der Straße ergänzt wird. Statt end- und ergebnislos über alternative Antriebe im schweren Straßengüterfernverkehr zu diskutieren, muss die Regierungsstrategie jetzt komplett erneuert werden, damit nicht noch mehr Jahre ins Land gehen, die wir nicht haben“, sagt Ludolf Kerkeling, Vorstandsvorsitzender des NEE. „Die Regierung muss sich ehrlich machen. Klimafreundliche Lkw-Antriebe sind noch lange nicht serienreif und deutlich teurer. Keine Regierung wird das Geld aufbringen, um sie auf das Niveau von Diesel-Lkw herunter zu subventionieren. Ohne Kurskorrektur bliebe alles, wie es ist.“
Kerkeling verwies darauf, dass exakt heute vor elf Jahren die erste „Nationale Plattform Elektromobilität“ von Bundeskanzlerin Merkel eingesetzt wurde, der Gütertransport heute jedoch mehr denn je am Diesel hängt und die Nachhut im Klimaschutz ist. „Statt weiterer Debatten müssen Aufmerksamkeit und Ressourcen umverteilt und die Schiene mehr als bisher und vor allem mehr als nur verbal gefördert werden, um die Erreichung der Klimaziele und ein leistungsfähiges Gütertransportsystem zu gewährleisten.“ Dazu zählt der Ausbau der Schieneninfrastruktur ebenso wie Innovationsförderung, die Entbürokratisierung des Eisenbahnbetriebs und eine Reduzierung der Abgabenlast.
Das Papier umfasst 12 noch in dieser Legislaturperiode und 15 von der nächsten Regierung zügig anzugehende Vorhaben mit teils mehreren Unterpunkten. Zu den kurzfristigen Maßnahmen zählen:
- Ein Moratorium beim Kapazitätszubau der Bundesfernstraßen und der geltenden Bundesverkehrswegeplan-Methodik im Verkehrsministerium.
- Alle Planungen müssen ihren Beitrag zur Erreichung der Klimaschutzziele leisten. Der Beginn des Abbaus des Dieselsteuerprivilegs
- Die Entlastung der Schiene durch einen – zunächst ersten - Schritt zur Reduzierung der Vierfachbelastung aus Stromsteuer, EEG-Umlage, EE-bedingten Netznutzungsentgelten und Kosten aus dem Emissionshandel.
Langfristige Maßnahmen, die die künftige Bundesregierung umsetzen sollte, sind unter anderem:
- Die Etablierung einer verkehrsmittelübergreifenden und an den Klimaschutzzielen orientierten Finanzierungsstrategie für die Verkehrsinfrastruktur (grundsätzlich nach dem in der Schweiz angewandten Prinzip „Verkehr finanziert Verkehr“) anstelle der verkehrsmittelinternen sog. „Finanzierungskreisläufe“.
- Eine zeitnahe Steigerung der CO2-Kosten für die Nutzung fossiler Treibstoffe im Landverkehr (aus Steuern und/oder der CO2-Abgabe)
- Ausdehnung der Lkw-Bemautung auf das gesamte Straßennetz und auf alle Fahrzeuge ab 3,5 Tonnen zulässigem Gesamtgewicht.
- Eine deutliche Beschleunigung des Ausbaus und der Modernisierung der Schieneninfrastruktur sowie der Nachelektrifizierung und der Lärmsanierung des bestehenden Netzes durch Bereitstellung zusätzlicher Planungs-, Dialog- und Behördenkapazitäten.
Die Güterbahnen trauen sich bis 2035 eine Verdoppelung ihres Marktanteils auf 35 Prozent am gesamten Gütertransport zu, wenn die Rahmenbedingungen entsprechend angepasst würden. „Die Politik muss sich jetzt entscheiden, ob sie weiter an „Deutschland – Autoland“ festhalten will oder Vernunft walten lässt und endlich die Privilegien für den Straßenverkehr aufgibt und realistische Lösungen anvisiert“, so Kerkeling. (red/NEE)