Nachtzug Paris-Nizza gestartet – Regierungschef Castex: „Sie haben viele Stärken!“

Frankreichs Regierungschef Jean Castex an Bord des ersten Nachtzugs von Paris nach Nizza, der jetzt täglich in beide Richtungen fährt; Quelle: VRT

Erhöhter Sicherheitsalarm herrschte am 20. Mai auf dem Pariser Bahnhof Austerlitz: Auch Frankreichs Regierungschef Jean Castex ließ es sich nicht nehmen, bei der breit propagierten Premiere des Nachtzugs Paris-Nizza an Bord zu sein. 

France relance – Frankreich startet neu“ stand auf der Pressemitteilung, mit der die Staatsbahn SNCF zur Teilnahme an der Fahrt einlud. Das Neustart-Motto ist zugleich der Titel des Regierungsprogramms, mit dem die Regierung von Präsident Emanuel Macron bis 2022 100 Milliarden Euro zur Gesundung der französischen Wirtschaft und Gesellschaft ausgeben will. Da können auch für die Eisenbahn noch zusätzlich 1,5 Milliarden Euro investiert werden. Das sieht zumindest eine Studie zu neuen sogenannten TET-Zügen vor, die Castrex gerade an das französische Parlament überwies.

TET-Züge sind auch im Fokus des Ministeriums für ökologische Umgestaltung, denn die Abkürzung steht für Trains d'Equilibre du Territoire – Züge des Ausgleichs zwischen den Regionen. Ähnlich den früheren deutschen Interregio-Zügen bieten sie einen schnellen Fernverkehr zwischen den wichtigsten französischen Städten, die nicht durch Hochgeschwindigkeitsverbindungen verbunden sind. Sie sollen deutlich ausgebaut werden – auch durch Nachtverbindungen.

Dass dazu das derzeit vorhandene Rollmaterial noch verbessert werden muss, ist dem Regierungschef klar. Derzeit gibt es in der 1. Klasse Paris-Nizza nur Liegewagen-Abteile für vier und in der 2. Klasse Liegewagen-Abteile für sechs Personen, dazu kommen Sitzwagen. Die 1.088 Kilometer zwischen Nizza und Paris werden innerhalb von elf Stunden und vierzig Minuten zurückgelegt. Dafür sind die derzeitigen Lockpreise konkurrenzlos günstig, sie beginnen bei 19 Euro.

„Die Wagen, in denen wir sitzen, werden neu gestaltet“, versicherte Castex der mitreisenden Journalistin Marie-Hélène Poingt vom Mobilitätsportal VRT. „Ich denke, wir können und werden es noch besser machen, das ist geplant. Dies erfordert Investitionen. Es ist auch notwendig, Anstrengungen auf kommerzieller Ebene zu unternehmen, indem Kunden angezogen werden. Diese Züge müssen ihr Publikum finden.“ Castex ist sich sicher, dass gerade auch Nachtzüge mit Komfort die Erwartungen der Reisenden erfüllen müssen. Die Beibehaltung unbequemer Zugausstattungen der Vergangenheit würde nur abschrecken.  Castex weiter: „Ich bin überzeugt, dass Nachtzüge auf eine Nachfrage reagieren, auf neue Verhaltensweisen. Sie haben viele Stärken. Ich hoffe, diese Wiedereröffnung wird viele andere ansprechen.“

Auch mit neuen Zügen und Zugverbindungen sollen die Regionen entwickelt und in ihrer Eigenständigkeit unterstützt werden. Nicht alle wollen schließlich in die Hauptstadt Paris fahren, dem muss auch das Zugliniennetz Rechnung tragen. Das Mobilitätsorientierungsgesetz (LOM) soll in diesem Zusammenhang neue innovative Finanzierungsmethoden eröffnen. Castex unterstrich die wichtige Rolle des Bahnwesens beim nationalen Wiederaufbauprogramm: „Dieser Sanierungsplan ist auf die Energiewende, den Dienst an den Territorien und die Rückeroberung der wirtschaftlichen Souveränität ausgerichtet. Die Eisenbahnkomponente ist äußerst ehrgeizig. Über diesen Konjunkturplan hinaus werden bis 2021 mehr als sechs Milliarden Euro in den Schienenverkehr investiert. Das ist das Doppelte des Jahresdurchschnitts von vor vier Jahren. Zusammen mit dem zuständigen Verkehrsminister empfange ich den CEO der SNCF und seine Teams alle zwei Monate, um eine Bestandsaufnahme zu allen Themen wie Relaunch, Hochgeschwindigkeit, Güterverkehr durchzuführen und sicherzustellen, dass die getroffenen Entscheidungen umgesetzt werden.“ (red./hfs)

Artikel Redaktion Eurailpress
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