PESA-Fahrzeuge für DB-Regio Allgäu erhalten EBA-Zulassung
Die niederflurigen Dieseltriebzüge DB-Baureihe VT 633 des polnischen Herstellers PESA für das Allgäu haben die technische Zulassung des Eisenbahn-Bundesamts EBA erhalten, damit kann die letzte Charge von 26 durch die Deutschen Bahn bestellter Fahrzeuge geliefert werden.
Von Hermann Schmidtendorf, Chefredakteur bahn manager
Die ersten beiden der DB-LINK-Triebzüge verließen den PESA-Firmensitz Bydgoszcz/Bromberg am Freitag, den 24. April 2020, und fuhren zu ihrem Ziel, dem Betriebswerk der DB Regio AG in Kempten. "Trotz der durch die Corona-Epidemie verursachten Schwierigkeiten wollen wir den Plan für die Lieferung und den Verkauf von Fahrzeugen für die DB umsetzen. Nach Gesprächen konnten wir das Problem lösen, dass die Abnahme-Kommissare der Kunden nicht nach Bydgoszcz kommen konnten. Die Lieferung von Fahrzeuge werden in zwei Phasen durchgeführt. Die erste Phase findet bei PESA Bydgoszcz statt, die zweite bereits unter Beteiligung von DB-Kommissaren in Kempten. Wir gehen davon aus, dass alle LINKs bis Ende September ausgeliefert werden“, erklärte dem bahn manager Jacek Niedziela, DB Contract Manager bei PESA Bydgoszcz.

Nach vorherigen technischen Lieferverzögerungen hatten sich jetzt zusätzliche Schwierigkeiten ergeben, weil die polnischen Behörden im März die Grenze für Einreisen aus Deutschland schlossen. Wer mit Ausnahmegenehmigung dennoch ins Land gelassen wird, muss zunächst in eine zweiwöchige Quarantäne. Das betrifft auch polnische Berufspendler entlang der 460 Kilometer langen Grenze vom Stettiner Umland im Norden bis nach Görlitz und Zittau im Süden. Allein nach Brandenburg und Berlin kommen 25.000 grenzüberschreitende Arbeiter. In der gesamten Bundesrepublik sind es etwa 70.000 Personen. Die Schließung der Grenze hat wirtschaftliche, politische und soziale Folgen: Wer sich entschieden hat, für den Job in Deutschland zu bleiben, ist seit Wochen getrennt von seiner Familie. Wer bei seiner Familie auf der polnischen Seite bleibt, verliert seine Einkünfte und vielleicht seinen Job.
Die jetzt mögliche Lieferung von PESA an die DB im Allgäu ermöglicht die Ausfüllung einer Ausschreibung vom März 2015. Damals vergab die Bayerische Eisenbahngesellschaft BEG für den Zeitraum von Dezember 2017 bis Dezember 2029 die Regionalverkehre im Dieselnetz Allgäu an DB Regio Allgäu-Schwaben. Das Dieselnetz Allgäu erstreckt sich über das gesamte bayerische Allgäu mit Ausnahme der engeren Einzugsbereiche von München und Ulm sowie der Strecke nach Füssen. Im Los 1 werden die jetzt zur Auslieferung kommenden 26 PESA-Fahrzeuge eingesetzt. Die beschleunigungsstarken 3-teiligen Züge bieten in der ersten und zweiten Klasse eine Kapazität von 142 Sitzplätzen. Bis zu vier Züge können aneinandergekoppelt werden und bieten dann rund 560 Sitzplätze. Die Züge verfügen über mehrere Mehrzweckbereiche, eine großzügige Sitzlandschaft mit überwiegend vis-à-vis Sitzplätzen, ein automatisches Fahrgastzählsystem, Videoüberwachung und eine mobile Klapprampe im Einstiegsbereich. Die neuen Züge werden zwischen München-Kempten-Oberstdorf und Lindau sowie zwischen Augsburg-Buchloe-Wangen und auf der Illertalbahn von Ulm über Memmingen bis nach Pfronten verkehren.
Ihre Zulassung bekommen haben auch PESA-Fahrzeuge für die belarussische Eisenbahn. Die ersten 760M-Fahrzeuge mit sechs Wagen wurden 2019 nach Minsk geliefert. Ab Dezember beförderten die Züge Passagiere während des überwachten Betriebs. Sie dienen als Business Class-Linie auf der Strecke Minsk-Vitebsk. Die Erteilung der Genehmigung für diese Fahrzeuge basierte auf der Technischen Verordnung TR TS 001/2011 der Eurasischen Wirtschaftsunion. "Das bedeutet, dass der 760M auch außerhalb von Belarus eingesetzt werden kann. Wir können diese Fahrzeuge Kunden in anderen Ländern anbieten - darunter Russland, Litauen, Usbekistan, Kasachstan oder Moldawien", betont Dariusz Skotnicki, Vertriebsleiter für Ostmärkte.
PESA hat bereits 25 Zulassungen erhalten, mit denen in Bydgoszcz hergestellte Züge und Straßenbahnen in 11 Ländern verkehren dürfen. Pesa-Züge befördern Passagiere in Italien, Deutschland, der Tschechischen Republik, Litauen und Weißrussland, während Straßenbahnen in Moskau, Kiew, Sofia, dem ungarischen Szeged und dem rumänischen Cluj fahren. Trotz der durch den Corona-Virus verursachten Schwierigkeiten hält der polnische Bahnhersteller die Produktion aufrecht und versucht, Aufträge zu erfüllen. Dabei werden alle Maßnahmen ergriffen, um das Risiko zu minimieren und gleichzeitig die Mitarbeiter zu schützen.
Das Unternehmen liefert derzeit Straßenbahnen für Gdańsk/Danzig, Częstochowa/Tschenstochau und Sofia, stellt Fahrzeuge für Trenitalia und die DB her und wird in Kürze einen Vertrag über die Lieferung von 16 Straßenbahnen nach Iasi in Rumänien unterzeichnen. Gearbeitet wird auch an weiteren Verträgen. Im März unterbreitete das Unternehmen das günstigste Angebot für die Lieferung von fünf elektrischen Triebzügen für die Niederschlesischen Eisenbahnen.