U5: Berlins teuerste U-Bahn U5 eingeweiht – Kommt noch mehr?

Train station
Foto: BVG / Oliver Lang

25 Jahre nach Baubeginn war es in Berlin soweit. Seit dem 4. Dezember 2020 fährt die U-Bahnlinie 5 vom Hauptbahnhof bis nach Hönow in Brandenburg an der Grenze zum Berliner Stadtteil Hellersdorf. Mit 22 Kilometern ist es die zweitlängste U-Bahn-Strecke der deutschen Bundeshauptstadt.

Mit über 265 Millionen Euro Kosten je Streckenkilometer ist der jetzt fertiggestellte, bislang fehlende 2,2 Kilometer lange Streckenteil auch der teuerste in Berlins U-Bahn-Geschichte. Den Anstoß gab Alt-Bundeskanzler Helmut Kohl. Er hatte sich die Verlängerung der damals am Alexanderplatz endenden U5 Richtung Parlament und Kanzleramt gewünscht. Es folgten Streitigkeiten ums Geld. So entstand zunächst 2009 nur der drei Stationen umfassende Stummel U55 Hauptbahnhof - Bundestag - Brandenburger Tor.

Zehn Jahre weiter gelang jetzt der Durchbruch der U55 zum Alexanderplatz mit zwei Tunnelröhren von 5,7 Meter Innendurchmesser. Es gibt drei neue Bahnhöfe Unter den Linden, Museumsinsel und Rotes Rathaus, geschlossen wird der U6-Bahnhof Französische Straße. Er liegt dicht am neuen Bahnhof Unter den Linden, wo sich U6 und U5 kreuzen. Der Bau verzögerte sich wegen ungünstiger Verhältnisse des Baugrunds und auch nach Auffinden historischer Restmauern eines früheren Rathauses. Gestaltet wurden die neuen U-Bahn-Stationen von Architektenbüros, die – wie es heißt – über die rein funktionalen Aufgaben hinaus „Stimmungen inszenieren, die die Bürger verführen sollen, das Auto öfter stehen zu lassen.“

Möglich ist nunmehr die direkte Integration des Hauptbahnhofs in das U-Bahnnetz. Es wird von etwa 155.000 Fahrgästen pro Tag ausgegangen. Die Finanzmittel für den U-Bahn-Bau stammten vom Land Berlin und dem Bund. Auch anderweitig wird in Berlins U-Bahn investiert. Der Betreiber BVG will bis 2030 mindestens 606 Wagen der neuen "Baureihe J" kaufen - der größte Einzelauftrag in der Geschichte des Unternehmens. Erbauer der neuen Fahrzeuge ist das Berliner Werk von Stadler Deutschland.

Die Berliner Verkehrssenatorin Regine Günther (Grüne) sowie die SPD-Spitzenpolitiker Franziska Giffey und Raed Saleh haben sich für die Realisierung mehrerer weiterer U-Bahn-Projekte in Berlin ausgesprochen. Das befürworten auch die städtische Industrie- und Handelskammer sowie die Berliner oppositionelle CDU. Hingegen setzen sowohl die Landesarbeitsgemeinschaft Mobilität LAG der Berliner Grünen als auch der Fachausschuss Mobilität der Berliner SPD andere Akzente. Erst einmal seien Finanzmittel für Unterhalt und Modernisierung der vorhandenen öffentlichen Infrastruktur zu sichern. Wenn dann weiteres Geld vorhanden sei, sollten Projekte priorisiert werden, die schnell und bei geringen Kosten realisiert den größtmöglichen Effekt brächten – und das seien Straßenbahnen-Projekte.

Ein Gutachten des Mathematikers und ehemaligen Bahn-Konzernstrategen Frank Geraets, des pensionierten Bahnplaners der Berliner Verkehrsverwaltung Axel Schwipps und des Sprechers der Berliner Grünen-LAG Matthias Dittmer streute weitere Zweifel in die Berliner U-Bahn-Euphorie. Bezogen auf die konkreten Bauverhältnisse der fünf in Berlin diskutierten Projekte errechneten die Autoren, dass der Klimaschaden durch den Bau neuer U-Bahntunnel im Durchschnitt erst nach 139 Jahren amortisiert sei. Hauptgrund für den enormen negativen Klimaeffekt ist die CO2-intensive Zementherstellung - die Autoren kommen auf 98.800 Tonnen CO2-Emission pro Normkilometer U-Bahn-Tunnel. Gegengerechnet wurden Co2-Ersparnisse unter der Annahme, jeder fünfte der künftigen U-Bahn-Reisenden sei davor Auto gefahren, und Buslinien könnten eingespart werden.

Von Hermann Schmidtendorf, Chefredakteur bahn manager

Artikel Redaktion Eurailpress
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