Interviews

Prof. Dr.-Ing. Claudia Langowsky

"Wir etablieren eine neue Innovationskultur"

 

Prof. Dr.-Ing. Claudia Langowsky will als ERI-Stiftungsprofessorin die Energieeffizienz im System Bahn vorantreiben. ETR sprach mit der promovierten Maschinenbauingenieurin über das Zusammenspiel von Wirtschaft und Forschung.

1. Frau Langowsky, Sie haben seit 1. Mai die neue eingerichtete Stiftungsprofessur von Eco Rail Innovation an der FH Brandenburg inne. Was umfasst diese Professur?
Eco Rail Innovation (ERI) ist ein Zusammenschluss namhafter Unternehmen der Schienenverkehrswirtschaft, Bahntechnikhersteller, Unternehmen aus dem Bereich der erneuerbaren Energien und wissenschaftlicher Einrichtungen mit dem Ziel, im Jahre 2050 CO2-frei zu fahren. Die Stiftungsprofessur ist ein Baustein dieser Initiative. Diese Professur trägt die Widmung „Energieffiziente Systeme der Bahntechnologie“. Sie findet statt im Rahmen eines Master-Studiengangs an der FH Brandenburg „Energieeffizienz technischer Systeme“. Die Professur verfolgt zwei Ziele. Sie soll zum einen einen Beitrag zur Identifizierung und Hebung von Energieeffizienz-Potenzialen im System Bahn leisten, in enger Zusammenarbeit mit anderen Fachrichtungen und den ERI-Partnern. Zum anderen soll sie zur Nachwuchsgewinnung für das System Bahn
beitragen.

2. Warum an der Fachhochschule Brandenburg?
An der Fachhochschule Bandenburg studieren zurzeit rund 3000 Studenten aus den Fachbereichen Wirtschaft, Informatik und Technik. Diese Studierenden waren für die Schienenverkehrsbranche bisher nicht zugänglich, denn die Schiene als technisch interessantes und umweltfreundlichstes System war bisher nicht präsent. Das soll sich durch die Professur ändern, die so gestaltet ist, dass sie auch der Nachwuchsgewinnung dient: Es wird Gastvorträge von ERI-Partnern geben, Exkursionen, betreute Master-Arbeiten.
ERI wird auch auf das Image unserer Branche ausstrahlen. Die jungen Leute denken, dass in unserer Branche alles verstaubt und ölig ist. Ich möchte den akademischen Nachwuchs für das System Bahn begeistern. Die Studierenden sollen sagen: Das ist eine hochinnovative und wichtige Branche, in der
es sich lohnt tätig zu werden. Gleiches gilt für meine Kollegen. An der FH Brandenburg arbeiten 10 Professoren mit exzellenter Fachkompetenz in für die ERIInitiative wichtigen Bereichen. Sie für unsere Themen zu begeistern und für Forschungsprojekte zu gewinnen, ist neben meiner eigenen wissenschaftlichen Arbeit meine Aufgabe.

3. Welche Inhalte bearbeiten Sie?
Die ERI-Partner haben 12 Innovationsfelder identifiziert, aus denen F&E-Vorhaben abgeleitet und umgesetzt werden sollen. Die Themen werden in ERI-Arbeitsgruppen weiter strukturiert. Ich wirke in diesen Arbeitsgruppen mit und nehme die Anregungen auf, ob es z. B. das Thema Energierückgewinnung ist oder die Optimierung von Nebenaggregaten. Ein wesentliches Delta möchten wir mit einem interdisziplinären Forschungszusammenschluss leisten, indem wir neben der Erforschung und Optimierung von Technologien die betriebswirtschaftliche und energetische Bewertung von Innovationen vornehmen. Solche Ansätze wurden bisher noch zu wenig verfolgt.

4. Für diese Themen werben Sie Drittmittel ein?
In den ERI-Vollversammlungen versammeln sich die Vorstände und Geschäftsführer bedeutender Partner-Unternehmen. Das ist ein sehr konstruktives Gremium. Wenn wir Forschungsvorhaben im vorwettbewerblichen Bereich entwickeln, werden die Partner ganz sicher eigene Mittel zur Verfügung stellen. Klar ist aber auch, dass wir uns mit dem ERI-Programm um öffentliche Fördermittel bewerben werden. Ich bin davon überzeugt, dass wir mit dieser Initiative und der Stiftungsprofessur eine neue Innovationskultur in unserer Branche etablieren.

5. Vorwettbewerblich – wo verläuft die Grenze?
Die Themen, die aus den ERI-Arbeitskreisen kommen, sind vorwettbewerblich. Die Produkte im System Eisenbahn sind ja schon sehr ausgereift. Die Innovationen, die jetzt anstehen, erfordern einen so hohen finanziellen und personellen Aufwand, dass kein Unternehmen das mehr alleine schaffen kann. Die ERI-Initiative wird zur Erhöhung der Planungssicherheit für technische Innovationen der Industrie beitragen, aus denen sich neue unternehmerische Entwicklungspotenziale für die Eisenbahnbetreiber und Energieversorger ergeben. Mein Vorbild ist die Luftfahrt: Die Unternehmen arbeiten dort in der Forschung als Familie. Auch wir werden als Branche enger zusammenrücken.

<link file:1247 download>Hier können Sie sich das ganze Interview als pdf herunterladen.

Artikel von Kurzinterview aus der ETR, Ausgabe 06/12
Artikel von Kurzinterview aus der ETR, Ausgabe 06/12