Die neue BMV-Bahnstrategie (Teil 2): Das sagt Flixtrain-Chef Matthias Müller
bahn manager (Heft 5/2025) hat verschiedene Marktteilnehmer um Ihre Sicht auf das kürzlich vom Bundesverkehrsministerium vorgelegte Konzept zur Reform der Bahn gebeten. Heute: Matthias Müller, Geschäftsführer von FlixTrain.
Mit Spannung war sie erwartet worden: Am 22. September präsentierte Bundesverkehrsminister Patrick Schnieder (CDU) die neue Bahnstrategie seines Hauses. 33 Seiten hat das Dokument mit dem Titel „Agenda für zufriedene Kunden auf der Schiene“. Doch wie gut ist das Papier? Wie bewerten Marktteilnehmer, Verbandsvertreter und Analysten die Inhalte? bahn manager hat Experten um kurze und prägnante Stellungnahmen gebeten. Was finden sie gut, was schlecht? Heute Teil zwei unserer Serie, die vollständig im neuen bahn-manager-Heft zu lesen ist, der kürzlich erschienen ist.
Von Matthias Müller, Geschäftsführer von FlixTrain
Verkehrsminister Schnieder hat mit seiner neuen Bahnstrategie einen Wendepunkt ausgerufen. Und das ist auch bitter nötig. Die deutsche Schiene ist vielerorts ein Sanierungsfall: marode Infrastruktur, überteuerte Trassenpreise und ein Buchungssystem, das Kunden in die Irre führt statt einlädt, Zug zu fahren.
Doch in den Ankündigungen des Ministers steckt mehr als bloßes Reparaturdenken. Die Entflechtung der InfraGo vom DB-Konzern, mehr Transparenz bei den Finanzen, ein klares Bekenntnis zur Gemeinwohlorientierung – das klingt nach echtem Aufbruch. Wenn diese Strukturreformen konsequent umgesetzt werden, könnten sie nachhaltig zu einem vielfältigeren und attraktiveren Angebot auf der Schiene führen. Ein modernes Netz, das allen Anbietern offensteht, ist die Voraussetzung für attraktive Angebote und faire Preise.
Besonders wichtig: Die Trassenpreise müssen runter. Deutschland liegt europaweit an der Spitze – der Fernverkehr in Deutschland zahlt das bis zu zehnfache gegenüber anderen europäischen Ländern. Solange die Kosten für jeden gefahrenen Kilometer so hoch sind, bleibt Bahnfahren für viele ein Luxus. Wer ernsthaft will, dass mehr Menschen vom Auto oder vom Flieger auf die Schiene umsteigen, muss hier liefern.
Und auch digital muss die Bahn endlich kundenfreundlicher werden. Bei der Trassenvergabe und bei der Buchung für die Kunden. Baumaßnahmen werden heute sehr oft verfristet mitgeteilt, eine umfassende Trassenoptimierung bei Jahresfahrplänen und Änderungen gibt es nicht. Dabei ist dies ein entscheidender Hebel für mehr Pünktlichkeit, gemeinsam mit einem wettbewerbsneutralen Vergabeverfahren, das alle – Nah-, Güter- und Fernverkehr – nach ihren Bedürfnissen berücksichtigt. Dass dies heute fehlt, liegt definitiv nicht an den Mitarbeiterinnen der DB InfraGo, sondern an der digitalen Ausstattung. An dieser Stelle ist die Bahnstrategie schweigsam.
Der richtige Impuls wird hingegen beim Bahn-Navigator gesetzt. Dieser muss als zentrales Buchungstool alle Anbieter abbilden, von SNCF bis FlixTrain. Die derzeitige Praxis sieht anders aus: Ausländische Staatsbahnen und der Nahverkehr sind buchbar, neue Fernverkehrsanbieter wie FlixTrain werden strukturell ausgeschlossen. Eine Anzeige erfolgt lediglich ohne Preis- und Buchungsoption. Das limitiert nicht nur das Angebot für die Kunden, sondern ist schlicht irreführend. Viele Kundinnen und Kunden glauben, ein Umstiegsticket für DB und FlixTrain gebucht zu haben, weil diese Verbindung auf dem Ticket angezeigt wird. Doch am Ende halten sie ausschließlich ein DB-Ticket in der Hand und eine Fahrtinformation für FlixTrain, mit bösem Erwachen im Zug. Das ist Marktbehinderung auf dem Rücken von Reisenden.
Die Steuerzahler haben diese Buchungsplattform aufgebaut. Sie sollte daher dem Gemeinwohl dienen – nicht den Interessen eines einzelnen Konzerns. Eine Öffnung der digitalen Infrastruktur für alle Anbieter wäre ein echter Fortschritt, mit mehr Angebot für die Kunden.
Schnieders Strategie ist daher ein guter Anfang. Aber Worte allein bringen keinen Zug auf die Schiene. Jetzt braucht es Taten – konsequent, mutig und im Sinne der Reisenden. Denn sie sind es, für die das System funktionieren muss. Nicht irgendwann. Sondern jetzt.
