Dipl. Wirtsch.-Inf. Oliver Kraft

"Generationswechsel im Anlagenbestand der DB Netz AG"

Nur wenige Eisenbahn-Infrastrukturunternehmen in Europa verfügen über eine derart große Bandbreite an Ingenieurbauwerken wie die DB Netz AG. Auf der einen Seite dokumentiert dies eindrucksvoll die bauhistorische Entwicklung der Infrastrukturanlagen. Auf der anderen Seite stellen die bundesweit knapp 25 000 Eisenbahnbrücken, rund 700 Tunnel und etwa 55 000 Durchlässe eine immense Herausforderung dar – schließlich gilt es, die Vor- und Instandhaltung der Anlagen kontinuierlich sicherzustellen.

Mehr als die Hälfte der Eisenbahntunnel im Bestand der DB Netz AG sind älter als 100 Jahre, einige von ihnen stammen noch aus den Anfängen des Bahnbaus. Dank einer bedarfsgerechten Instandhaltung sind die Tunnelbauwerke trotz ihres Alters in gutem Zustand. Hierbei stehen Tunnelerneuerungsverfahren im Mittelpunkt, die bei möglichst geringen Einschränkungen des Eisenbahnbetriebs eine wirtschaftliche Bauabwicklung erlauben. Entsprechende Erfolge konnten mit der erstmals 2007 auf der Nahestrecke eingesetzten „Tunnel im Tunnel Methode" (TiTM) erreicht werden, deren Kernelement eine mobile Schutzeinhausung ist. Diese trennt nicht nur die Einflüsse des Tunnelbaus wirksam vom laufenden Zugverkehr. Die Schutzeinhausung dient auch als Trägergerüst für Abbaugeräte wie Baggerarme und Bohrer.

Über zehntausend Eisenbahnbrücken der DB Netz AG sind mittlerweile über einhundert Jahre alt und können nur noch eingeschränkt instandgehalten werden. Aufgrund ihres Alters und verschiedenster Bauarten sind die technischen Anforderungen sehr hoch. Erklärtes Ziel ist, die Bahnbrücken möglichst lange zu nutzen. Sind allerdings Materialermüdung und Verschleiß so weit fortgeschritten, dass eine Instandhaltung aus unternehmerischer Sicht nicht mehr vertretbar ist, wird der Abriss mit anschließendem Neubau der Brücke priorisiert. Um dabei wirtschaftlich zu agieren, kommen für kleine, geometrisch vergleichbare Brücken zunehmend standardisierte Rahmenkonstruktionen zum Einsatz. Diese Vereinheitlichung wirkt sich positiv auf die Planungs-, Bau- und Instandhaltungskosten aus. Als weitere Lösung strebt die DB Netz AG zur Optimierung der Baukosten und zur Bündelung betrieblicher Maßnahmen an, Einzelvergaben von Brückenneubauten zu Paketen zusammenzufassen. Beide Konzepte lassen sich auch auf Durchlässe übertragen, die mit einer Stützweite bis zu zwei Metern vor allem hydraulischen Zwecken dienen.

Die dargestellten technischen Lösungen versetzen die DB Netz AG in die Lage, die Qualität ihrer Ingenieurbauwerke auch weiterhin nachhaltig zu gewährleisten. Angesichts der erforderlichen Erneuerungsmaßnahmen, insbesondere bei Brückenbauwerken, ist allerdings künftig von einem höheren Investitionsbedarf als bislang auszugehen. Hier ist nicht zuletzt der Eigentümer gefragt, gemeinsam mit der Bahn geeignete Finanzierungsmöglichkeiten zu entwickeln.

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Artikel von Statement aus der ETR, Ausgabe 12/2012
Artikel von Statement aus der ETR, Ausgabe 12/2012