Frank Sennhenn

"Infrastruktur 4.0 – Digitalisierung bei DB Netz"

Wir stehen vor der größten Herausforderung seit der Bahnreform – mit diesen Worten hat Dr. Rüdiger Grube beschrieben, wie groß die Auswirkungen der Digitalisierung auf die Deutsche Bahn sind.
Einkaufen im Internet, stetig wachsende Vernetzung sowohl von Menschen als auch von Maschinen, autonom fahrende Autos – die „Digitalisierungswelle“ rollt und ist in aller Munde. Durch die Möglichkeiten des Internets werden bestehende Geschäftsmodelle etablierter Unternehmen in Frage gestellt. Junge, dynamische Marktteilnehmer können auch ohne eigene Anlagengüter, die „Großen der Branche“ angreifen. Der Taxidienst „Uber“ und die Buchungsplattform „Airbnb“ sind nur zwei Beispiele.
Selbstverständlich muss sich auch die DB Netz AG in diesem Zusammenhang mit den Herausforderungen und Chancen der Digitalisierung auseinandersetzen. Was, wenn Dritte unsere Fahrpläne plötzlich kostengünstiger, schneller und besser erstellen können? Oder die Wartung und Instandhaltung unseres Netzes von Externen effektiver gestaltet werden kann?
Im Rahmen der Initiative „Infrastruktur 4.0“ werden wir dafür sorgen, dass unser Schienennetz für die digitale Zukunft gerüstet ist. Dabei geht es zunächst um „Hardware“ wie die Vernetzung unserer Infrastruktur und die Ausrüstung mit digitalen Komponenten.  Auf dieser Grundlage wird auch unsere Leit- und Sicherungstechnik erneuert und für das digitale Zeitalter „fit gemacht“. Ebenso steht dabei der Zugang unserer Mitarbeiter in der Fläche zu digitalen Kommunikationswegen im Fokus.
Daneben wird auch neue Software benötigt, um die Möglichkeiten der Digitalisierung voll ausschöpfen zu können. Hier stehen für uns die kontinuierliche Fernüberwachung unserer Infrastruktur sowie eine daraus abgeleitete vorausschauende Wartung im Vordergrund. Unsere Mitarbeiter werden durch den Einsatz mobiler Geräte, neuer Technologien und Apps in ihrer täglichen Arbeit unterstützt.
Digitalisierung führt an vielen Stellen auch zu einer Veränderung von Prozessen, d. h. der Art und Weise wie wir unsere Produkte erstellen und als Unternehmen Geld verdienen. Unser Produkt bei der DB Netz AG ist die Trasse, das abgestimmte Trassengefüge ist der Fahrplan. Durch neue Prozesse und Technologien werden wir unseren Kunden zukünftig noch schneller und einfacher Trassen und ggf. verschiedene Alternativen anbieten und die Kapazität unseres Netzes besser auslasten können. Infolgedessen steigt die Zufriedenheit unserer Kunden und damit die Zukunftsfähigkeit vom System Schiene.
Aber Digitalisierung bei der Bahn bedeutet auch Kulturwandel. Wir müssen als Unternehmen lernen, die neuen Möglichkeiten der Digitalisierung, wie z. B. Geschwindigkeit im Informationsfluss oder hohe Mengen und Verfügbarkeit von Daten, für unsere Kunden konsequent zu nutzen. „Kundenzentrierung“, also die Ausrichtung all unseres Handelns auf unsere Kunden, ist dabei der Schlüssel zum Erfolg. Dafür müssen wir beispielsweise neue Analysemethoden für unsere Daten eta­blieren. Darüber hinaus müssen wir ein Arbeitsumfeld schaffen, welches neue Formen der Zusammenarbeit ermöglicht und in dem eine digitale Arbeitsweise, wie z. B. konsequentes Entwickeln schneller Prototypen und auch mal „schnelles Scheitern“, selbstverständlicher Bestandteil ist.
Als „Brückenschlag“ in die digitale Szene eröffnen wir dazu in der Infrastruktur diesen Oktober unsere „Mindbox“ in der Jannowitzbrücke in Berlin. Hier werden wir Prototypen und Produkte entwickeln, die Innovationssprünge in unser Kerngeschäft bringen oder unser Geschäftsmodell erweitern. Es entsteht ein Ort zum Denken, Austauschen und Arbeiten – von hier aus wollen wir die neue Kultur der Zusammenarbeit in unsere Firma tragen.
Sie sehen, „Digitalisierung“ macht auch vor sehr anlagenlastigen Unternehmen wie der DB Netz AG keinen Halt. Unsere Initiative „Infrastruktur 4.0“ wird uns dabei helfen, den He­rausforderungen und Chancen der Digitalisierung auch bei der Infrastruktur der Deutschen Bahn positiv zu begegnen.

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Artikel von Standpunkt aus dem EI Ausgabe 10/2015
Artikel von Standpunkt aus dem EI Ausgabe 10/2015