Prof. Dr.-Ing. Thomas Siefer

"Energie - ein Wettbewerbsfaktor der Bahn"

Nicht nur in Fachkreisen ist bekannt, dass das Rad-Schiene-System das wohl energieeffizienteste Verkehrssystem ist. Aber dennoch findet die von der Politik oft proklamierte Verlagerung der Transporte auf die Schiene nicht im erhofften Umfang statt. Wenn man sich die Entwicklung im europäischen Güterverkehr für das Jahr 2012 anschaut muss man sogar feststellen, dass der Marktanteil der umweltfreundlichen Bahn zu Lasten energieintensiver Verkehrssysteme abnimmt.
Was läuft also falsch? 30 % des nationalen Endenergieverbrauchs benötigt derzeit der Verkehr. Davon entfallen rund 80 % auf den Straßen- und 14 % auf den Luftverkehr. Der Eisenbahnverkehr verbraucht nur 3,8 % bei einem Marktanteil von rund 18 % im Güterverkehr und 10 % im Personenverkehr. Und das Besondere: Die Bahn ist bereits heute elektromobil unterwegs. Mit einem Verbrauch von 10 Terawattstunden für den Bahnbetrieb ist die Deutsche Bahn gleichzeitig größter Stromverbraucher Deutschlands. Allein diese Zahl zeigt aber auch, dass bereits Energieeinsparungen von wenigen Prozentpunkten ein großes Einsparpotenzial bedeuten.
Im Personenverkehr spielt das Thema Fernbus neuerdings eine wichtige Rolle, wirbt er doch mit einem niedrigen Energieverbrauch pro Sitzplatz. Das ist sicher richtig, es ist nur zu beachten, dass der Bus mit fossilen Brennstoffen betrieben wird und einen deutlich höheren CO2-Ausstoß produziert als die bereits heute mit einem hohen Anteil alternativer Energien elektrisch betriebene Bahn im Personenverkehr. Andererseits muss aber auch die Bahn prüfen, ob Fahrzyklen mit kurzen Abschnitten mit 250 km/h Höchstgeschwindigkeit bei zu realisierenden Reisegeschwindigkeiten von rund 140 h/km sinnvoll sind. Die deutsche  Siedlungsstruktur verlangt ein häufiges Halten auch im Fernverkehr, Züge wie der ICX mit einer Höchstgeschwindigkeit von 230 km/h sind hier sicherlich ein Schritt in die richtige Richtung. Solange nur kurze Abschnitte mit konstant hoher Geschwindigkeit gefahren werden können, kommt der energiesparenden Fahrweise eine wichtige Funktion zu. Programme wie DYNAMIS ® können hier helfen, optimale Strategien zu entwickeln.
Für den Güterverkehr stellt der Energieverbrauch ein wichtiges Argument im Wettbewerb dar. Soll die Gesamtenergiebilanz eines Transportes ermittelt werden, so kann das Tool EcoTransIT World überzeugend die Energievorteile des Rad-Schiene-Systems dokumentieren. Die Kundenanforderungen an den Schienengüterverkehr ändern sich, häufig wechselnde Transportrelationen sind der Grund für die kontinuierlich wachsende Nachfrage nach kurzfristig bestellten Trassen. Diese können heute aber oft nur als Trassen mit vielen Überholungen nachträglich in den Jahresfahrplan integriert werden. Dies führt zu einem vergleichsweise hohen Energieverbrauch der unterjährig geplanten Züge und damit zu Wettbewerbsnachteilen. Durch eine Systematisierung der Trassen wird es möglich, auch für kurzfristige Trassenanfragen attraktive Angebote vorzuhalten.
Neben Strategien zur Energieeinsparung, hier ist auch an die verstärkte Nutzung der Rückspeisung beim elektrischen Bremsen zu denken, muss auch der Energiewechsel im Fokus stehen. Mit mehr als 90 % elektrischer Traktion ist die Bahn bestens vorbereitet den Anteil alternativer Energien zu steigern, dies wird die Wettbewerbssituation in Konkurrenz zu fossil betriebenen Verkehrssystemen weiter verbessern.

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Artikel von Statement aus der ETR, Ausgabe 10/2013
Artikel von Statement aus der ETR, Ausgabe 10/2013