Prof. Dr.-Ing. Wolfgang Rösch

"EU-Regeln – lästige Pflicht oder Chance?"

Die Transportbranche ist wie kaum eine andere von der konjunkturellen Entwicklung der Gesamtwirtschaft abhängig. Wir sind deshalb gut beraten, unsere Aufstellung im Wettbewerb ständig zu überprüfen und notwendige Korrekturen in einer Zeit vorzunehmen, in der wir agieren können und nicht reagieren müssen. Dies gilt für die Hersteller von Schienenfahrzeugen, genau so aber für deren Halter und Betreiber.

Gerade Letztere sehen sich gegenwärtig neuen Herausforderungen gegenüber, die Anforderungen der europäischen Verordnungen und Richtlinien und deren Umsetzung in die nationalen Gesetzgebungen zu erfüllen. Das erfordert von vielen Unternehmen ein Umdenken, denn es ist nicht mehr damit getan nachzuweisen, dass man seine Fahrzeuge im sicheren Zustand hält oder sie sicher betreibt. Wer als Eisenbahnverkehrsunternehmen eine europäische Sicherheitsbescheinigung benötigt oder als die vom Halter festgelegte instandhaltungsverantwortliche Stelle (ECM) zertifiziert werden muss, hat ein anforderungsgerechtes Sicherheits- oder Instandhaltungsmanagementsystem nachzuweisen. Aber auch die nicht zertifizierungspflichtigen oder prüfpflichtigen Unternehmen haben ein solches Managementsystem vorzuhalten, dies wird das AEG in seiner nächsten Novellierung für Deutschland klarstellen und in vielen Nachbarstaaten sind ähnliche Umsetzungen auf dem Weg.

Damit soll in ganz Europa der Schritt von der zufälligen zur systematischen Sicherheit vollzogen werden. Zufällig in dem Sinne, dass das Prozessund Verfahrens-Know-how oftmals nur in den Köpfen der Mitarbeiter festgehalten ist; systematisch in dem Sinne, dass Prozesse und Verfahren als Teil des Unternehmenswissens reproduzierbar und verfügbar für alle heutigen und künftigen Mitarbeiter vorgehalten und ständig auf ihre Richtigkeit im Sinne des geltenden Regelwerks geprüft werden sollten. Das ist der Anspruch, um gegenseitig überall in Europa Dienstleistungen auf gleichem Sicherheitsniveau anbieten und einkaufen zu können, ohne den eigenen Kontrollaufwand gegenüber den Dienstleistern ins Unbezahlbare zu steigern. Darin liegt insbesondere der Sinn europäischer Zertifizierungen. Sehen wir dies also nicht als notwendiges Übel, sondern als Chance, um unsere Stärken im europäischen Wettbewerb ausspielen zu können.

Betrachten wir Sicherheits- und Instandhaltungsmanagementsysteme als Träger unseres Unternehmenswissens, die es zu gestalten und ständig zu verbessern gilt.

 

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Artikel von Statement aus der ETR, Ausgabe 11/2012
Artikel von Statement aus der ETR, Ausgabe 11/2012