Volker Schenk

"Grenzen überwinden - auch in den Köpfen"

Sicherheit und Mobilität in einer vernetzten Welt zählen zu den zentralen Herausforderungen, denen sich Politik, Industrie und Wissenschaft im 21. Jahrhundert stellen müssen. Die Ausgangslage hat sich in den vergangenen Jahren deutlich verändert und wird sich in den kommenden Jahren und Jahrzehnten noch zuspitzen. Infolge der Globalisierung werden sich folgende Trends weiterhin verstärken: globale Kapital- und Güterbewegungen, Austausch von Information und Wissen, Migrationsbewegungen und Urbanisierung. Letztere ist ein Megatrend und bedeutet eine Verstädterung der Gesellschaften, wie sie in hohem Maß in Schwellen- und Entwicklungsländern mit dem Anstieg sogenannter Megacitys stattfindet. Das Phänomen der Verstädterung ist für Europa nicht neu und wird sich auch in Deutschland aufgrund des demographischen Wandels der Gesellschaft in Zukunft  verstärken. Ein Großteil der Bevölkerung wird dann hierzulande in Ballungsräumen leben. Vor dem Hintergrund dieser Entwicklung wird dem Verkehrsmittel Bahn zukünftig eine noch größere Bedeutung zukommen, es muss sich als echte Alternative zum Auto etablieren. Denn die Straße – so viel steht heute schon fest – wird ein noch stärkeres Verkehrsaufkommen nicht bewältigen können. Es wird einerseits darum gehen, in Zukunft zunehmend mehr Menschen aus den Randbezirken in die Ballungsräume zu befördern und das zuverlässig, bequem, schnell, mit kurzen Wartezeiten und ohne Zeitverlust. Andererseits muss aber auch die Versorgung in der Fläche und in den eher ländlichen Regionen sichergestellt sein. Ganzheitliche Systeme werden dafür notwendig sein, Systeme, die es heute in der Form noch nicht oder nur als einzelne Module gibt. Ticketing, Routengestaltung, aber auch interoperable Systeme als Voraussetzung für einen grenzüberschreitenden Verkehr (ETCS) werden nicht mehr nur als isolierte Einheit arbeiten, sondern Hand in Hand in einem komplexen, ganzheitlichen Gefüge. Und dafür müssen nicht nur national die technischen Voraussetzungen geschaffen werden, sondern auch über die Landesgrenzen hinweg.
Das technische Know-how für die Bewältigung dieser zukünftigen Aufgaben ist in unserer Industrie vorhanden. Was einer Modernisierung zurzeit noch im Wege steht, sind einheitliche betriebliche Regularien oder Zulassungsverfahren, die eine Weiterentwicklung bremsen. Und es sind die Grenzen in den Köpfen von Entscheidern, lokale Restriktionen sowie die mangelnde politische Unterstützung und der fehlende Wille, im Sinne des europäischen Gedankens auch komplexe Bahn-Infrastrukturprojekte zu finanzieren.

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Artikel von Statement aus der ETR, Ausgabe 7+8/2013
Artikel von Statement aus der ETR, Ausgabe 7+8/2013