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Nach Gerichtsbeschluss: Verband Mofair fordert Konsequenzen für bahn.de und DB Navigator

Die DB steht wegen ihrer Online-Vertriebsstrategie schon länger in der Kritik. Jetzt legte das Oberlandesgericht Frankfurt am Main nach. Quelle: DB

Das Bündnis für fairen Wettbewerb im Schienenpersonenverkehr Mofair fordert, die DB-Ticketportale bahn.de und DB Navigator einer Regulierung der Bundesnetzagentur zu unterstellen. Der Grund ist eine Entscheidung des Oberlandesgerichts Frankfurt gegen die Deutsche Bahn.

 

Die Entscheidung des Gerichts zeige, dass die DB die Wirkungsweise ihrer Algorithmen entweder selbst nicht verstehe, "oder dass sie diese bewusst einsetzt, um ihr eigenes Angebot zu bevorzugen und damit den Wettbewerb zu schwächen", sagte Mofair-Präsident Martin Becker-Rethmann. "Beides unterstreicht die Notwendigkeit, die großen Portale bahn.de und den Navigator angesichts ihrer marktbeherrschenden Stellung unter die Regulierung der Bundesnetzagentur zu stellen.“

Hintergrund der Forderung ist ein Beschluss des Oberlandesgerichts Frankfurt a.M. (OLG), in dem dieses der DB untersagte, die Suchfunktion "Schnellste Verbindung anzeigen" weiterhin auf bahn.de und in der App DB Navigator anzuzeigen (Az. 6 W 61/23). Die Funktion sei "irreführend und unlauter", teilte das Gericht mit. Allerdings war die streitgegenständliche Version der Funktion zum Zeitpunkt der Entscheidungsverkündung bereits nicht mehr online.

Der dahinterliegende Algorithmus sprang bei der Ergebnisanzeige von der absolut schnellsten Verbindung jeweils vorwärts (bei Eingabe der Abfahrtszeit) oder rückwärts (bei Eingabe der Ankunftszeit) zu den jeweils zeitlich folgenden zweitschnellsten Verbindungen. Nicht angezeigt wurden kürzere Verbindungen, deren Abfahrts- bzw. Ankunftszeit vor der jeweiligen Uhrzeit der absolut schnellsten Verbindung liegt. Zurück geht die Entscheidung des OLG auf die Beschwerde eines SPNV-Bahnunternehmens. Die im Eilverfahren ergangene OLG-Entscheidung ist nicht anfechtbar.

Der Beschluss sei ein wichtiger Schritt zu einem fairen Wettbewerb im Schienenverkehr, sagte Becker-Rethmann. "Aber es müssen weitere Themen, auch im Kontext zur Errichtung der gemeinwohlorientierten Schieneninfrastrukturgesellschaft InfraGo, angegangen werden." Zwar sei der Fahrausweisvertrieb kein Teil der Infrastruktur wie Gleisnetz, Bahnhöfe oder das Bahnstromnetz, denn Vertriebssysteme seien grundsätzlich, anders als die bauliche Infrastruktur, reproduzierbar. "Aufgrund des historisch geschützten Monopols der DB und ihres Verhaltens gegenüber Wettbewerbern war dies in Deutschland bisher jedoch zu volkswirtschaftlich akzeptablen Kosten nicht möglich." Ein fairer Wettbewerb zwischen verschiedenen Anbietern könne jedoch den Zugang zum System Schiene deutlich erleichtern und damit einen Beitrag zum Klimaschutz leisten, so der Mofair-Präsident. "Das haben andere europäische Länder wie beispielsweise Spanien oder Italien bereits gezeigt."

Die DB steht wegen ihrer Strategie im Online-Ticketvertrieb schon seit langem in der Kritik. Jüngst hatte das Bundeskartellamt dem Unternehmen vorgeworfen, seine Marktmacht in dem Bereich zu missbrauchen. Zudem hatte die Behörde weitreichende Beschlüsse veröffentlicht, um mehr Wettbewerb im Ticketvertrieb zu ermöglichen. Was genau hat das Bundeskartellamt entschieden? Und was bedeuten die Beschlüsse für den Ticketvertrieb? Eine ausführliche Analyse dazu lesen Sie in der aktuellen Ausgabe von Bahn Manager (Heft 05/2023). (gk/cm)

 

Artikel Redaktion Eurailpress
Artikel Redaktion Eurailpress